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morgens schon auf dem Bahnhof, die Verwundeten waren bereits einwaggoniert, als der Transport plötzlich telegraphisch abgesagt wurde.

Ich hatte nur einen kleinen, halberstickten Schrei des Glücks. Eines törichten Glückes — ich weiß — denn das Damoklesschwert hängt über uns und wird niederfallen. Keiner wird es mehr wenden. Und dennoch des Glücks —!


Przemysl, den 11. April 1915.

Heute große, freudige Erregung! Seit Tagen kommen große russische Truppentransporte durch die Festung, die jedoch nur zum kleinsten Teil durch die Stadt selbst geleitet werden, heute kamen zwei größere Truppenabteilungen gleichzeitig von Süden und von Westen in die Stadt marschiert. Sie waren ersichtlich mitgenommen und sangen nicht wie gewöhnlich. Am San stießen sie aufeinander, wie es den Anschein hatte, ganz unerwartet, die Kommandanten wechselten einige Worte. Dann setzte die eine Abteilung auf Plätten über den San, die andere marschierte — gegen Lemberg!

Daraus folgert man in der Festung eine Rückwärtsbewegung der Russen, oder doch zum mindesten das Vorbereiten von Rückzugsstellungen nördlich des San.

Auch macht sich seit einigen Tagen hier unter den Russen eine auffallende Nervosität bemerkbar.


Przemysl, den 12. April 1915.

Man beginnt mit dem Räumen der Spitäler. Auch unser Spital, das so hübsch und frei, hell und freundlich in seinem Garten auf der Anhöhe steht, mußte geräumt werden. So übersiedelten wir mit den letzten,

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Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/169&oldid=- (Version vom 1.8.2018)