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erledigt sind. Doch geht alles glatt. Ich weise mich mit meinen Roten-Kreuz-Papieren und der Bewilligung vom Festungskommando, die man mir nach Wien geschickt hatte, aus und bekomme noch eine polizeiliche Erlaubnis zum Aufenthalte in der Festung.

Ich nehme mir einen Jungen zum Koffertragen und nenne ihm meine Adresse. Unterwegs kommt mir schon mein Mann mit unserem Diener entgegen.

Es ist wie das Einlaufen in einen köstlichen Friedenshafen. Jetzt stehen wir Schulter an Schulter, komme, was da wolle — was immer uns auferlegt werde.


Przemysl, den 12. September 1914.

Heute früh gab es eine Alarmnachricht. Das Festungskommando hat die Österreichisch-Ungarische Bank und das Gericht aufgefordert, die Festung zu verlassen. Ebenso erschien eine neuerliche Aufforderung an die Einwohner, die Festung zu räumen. Die Reichen sind schon alle bei Ausbruch des Krieges weggegangen. Und die Ärmsten, die nicht imstande waren, sich für drei Monate zu verproviantieren, sind behördlich abgeschoben worden. Nur ein Teil der Bürger ist geblieben, einige Kaufleute und die zur Verproviantierung der Stadt Notwendigen.

Wir sind noch zuversichtlich und guten Mutes und glauben an keinen Ernstfall. Nur die eine Angst steigt mir manchmal würgend in die Kehle, die Angst, man könne mich fortschicken. Doch man sagt mir, daß selbst für den Fall einer Belagerung der Festung das Rote Kreuz hierbleibt. Und ich klammere mich an diesen Gedanken — nur nicht fortmüssen und wenn es zum Äußersten käme.


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Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/19&oldid=- (Version vom 1.8.2018)