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legten sich blau und weich um die Stadt zu meinen Füßen. Es war etwas drinnen, wie es Küstenlandschaften am sehr frühen Morgen, vor Sonnenaufgang, haben.

Ich war ruhiger und stärker geworden. Und dachte an alle die Opfer, die jetzt jeder einzelne bringt. Und ich sagte mir, daß man sich diese große Zeit gar nicht so recht verdienen würde, wenn man nicht auch das Opfer bringt, das einem zu tiefst ans Herz greift.

Przemysl, den 13. Oktober 1914.

Zur allgemeinen Verlautbarung wird gemeldet, daß zum Entsatz der Kameraden in Przemysl die siegreichen Armeen Heraneilen.

„Vom 1.—9. Oktober verloren die Russen in Przemysl allein an Toten und Verwundeten über 40 000 Mann.“

Auch in Frankreich stehen die Schlachten auf dem Höhepunkt und die Entscheidung kann vielleicht in kurzem fallen.

Herr, Herr, segne unsere Waffen!

Schenke uns ein einziges großes, heiliges Siegerglück von Ost zu West, von West zu Ost!

Emil ist noch immer nicht da. Ich klammere mich an heute oder morgen. Ich kann nicht darüber reden — ich bin zu entnervt und müde — ich werde feige, wenn ich davon spreche.

Gott wird ihn mir gesund wiedergeben!

Przemysl, den 26. Oktober 1914.

Vierzehn Tage hat dieses Tagebuch geruht. Was für Tage! Die schwersten, die uns dieser Krieg bis her auferlegt hat.

Empfohlene Zitierweise:
Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/63&oldid=- (Version vom 1.8.2018)