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gefolgt waren und sich immer wieder von neuem wütend ineinander verbissen.

Auf beiden Seiten war der Kampf unter größten Verlusten, mit zähester Ausdauer und Tapferkeit geführt worden, bis der Hauptmann und der Leutnant verwundet fielen.

Nun fanden sie sich hier nebeneinander wieder. Es ging ein nachdenklicher Zug über beider Gesichter. Beide schwiegen eine ganze Weile.

Dann richtete sich der österreichische Leutnant ein wenig im Bett auf und reichte dem Russen die Hand hinüber:

„Hier endet jeder Kampf. Machen wir unseren Frieden, Kapitän!“ —

Was für sonderbare und herzerschütternde Spiele des Schicksals sieht man täglich hier mit an.

Eines Tages brachte man uns einen Honved-Offizier ins Spital. Durch jedes Bein einen Schutz, zwei Streifschüsse am Kopf. Er war zusammengebrochen und als tot liegen geblieben. Man hatte ihm seine Papiere abgenommen und ihn beim Regiment als „gefallen“ gemeldet.

In der Nacht kam er zu sich und fand sich allein, auf offenem Feld, im wütenden Kreuzfeuer russischer und österreichischer Schrapnells und Granaten. Niemand hörte ihn rufen. Keine Deckung weit und breit, zu der er sich hätte schleppen können. Wie die Schrapnells über ihn hinpfiffen, den Boden rings um ihn furchten, griff er nach der Offizierskappe, die neben ihm lag, begann fieberhaft Erde aufzuwühlen. Die Nägel bluteten ihm; er raffte die Erde mit der Mütze zusammen, und es gelang ihm, sich wenigstens teilweise einzugraben. Ein paar Augenblicke später schlug

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Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/81&oldid=- (Version vom 1.8.2018)