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[XII]

Künste ordentlich lernten und lehrten, und daß einer des andern Schüler war und sich seinem Meister gegenüber zur Geheimhaltung alles dessen verpflichten mußte, was er von ihm lernte; insbesondere geht aber auch daraus hervor, daß sie ihre Künste durchaus nicht umsonst preisgeben mochten. Im Jahre 1440 erlangte ein gewisser Johannes Formschneider, der keiner Innung angehörte, sondern seine Geschäfte als freie Kunst ausübte, das Bürgerrecht in Nürnberg ; um 1470, als er wol ein alter Mann geworden war, zeichnete er einen Theil seiner Künste auf, welche Aufzeichnung mit andern den Cod. germ. 734 der Münchener Hof- und Staatsbibliothek bildet. Die Zueignung an einen Herrn Wagmeister lautet: „Item lieber her wagmeister dise stück hab ich auch gemacht mer auff furdrung ewer gnedigen herren dan von des geltz wegen dar vmb bitt ich euch freuntlichen vnd fleissiglichen mit ganczem ernst Ir wölt euch dise stück empfolhen lassen sein vn[d] in rechter guter hut halten als ich sy den gehalten hab in meiner hut wol xxx iar in nürnberg man tu auch dan dar vmb auch gutte gnüg aber vmb sunst anzuhenckn sult ir nit tun auch halt ich euch zu weiss dar zu daz ich hoff vn[d] traw daz ir sy halt in massen als ich sy dan gehalten hab biss her etc. etc. Johannes formsneider büchsenmeister vn[d] gutter abenteurer.“

Abenteurer bedeutet nach Grimm einen Mann, der seltsame, wunderbare, dabei gewagte und gefährliche Dinge (Abenteuer) verrichtet. Diese Bezeichnung, welche sich Formschneider hier selbst beilegt, hat in der That bei dem damaligen Umfange der Aufgaben, wie sie jedem einzelnen Techniker auflag, die viel Gefährliches in sich schlossen, ihre volle Berechtigung. Das Seltsame und Wunderbare verschwand nach und nach aus dem Kreise der Beschäftigungen, und schon im Schlusse des 15. Jahrhunderts, zur Zeit als unser Hausbuch verfaßt wurde, gibt nur eben noch unser Titelblatt mit seinen Feuerspeiern und Schlangenbändigern daran eine Erinnerung. Aber gerade weil diese noch lebendig war, würde man damals, wenn eine Einleitung zu schreiben gewesen wäre, sie ähnlich gefaßt haben wie Formschneider, und das Buch würde man noch genannt haben:

Von gutten Abenteuren


Empfohlene Zitierweise:
August Essenwein: Vorwort zu Mittelalterliches Hausbuch. Bilderhandschrift des 15. Jahrhunderts. Frankfurt am Main 1887, Seite XII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Mittelalterliches_Hausbuch_1887_0012.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)