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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

mein Wanderbündel schnürte, darin das wunderliche Schatzkästlein den besten Platz erhielt.

Ich könnte gerade nicht sagen, daß ich die nächsten Jahre einen absonderlichen Segen von diesem seltenen Besitzthum spürte, obwohl ich gar bald die sämmtlichen Sprüche von vorn und von hinten auswendig wußte; ja zu einer gewissen kritischen Zeit, wo ich gerade angefangen hatte, Wirthshaus, Tanzboden, Kugelbahn öfter als billig zu besuchen, da waren es, wie mir däuchte, nicht sowohl die hundert Reguln, als vielmehr die Erinnerung an meine gute Mutter, die Vorstellungen meines ehrlichen Meisters, was mich bald wieder in’s Geleise brachte. Hier sei es übrigens gelegentlich bemerkt, daß mir von allen Arten der Versuchung just die am wenigsten gefährlich war, die sonst in jenen Jahren die allergewöhnlichste ist, die Neigung zu dem weiblichen Geschlechte. Es hatten deßhalb meine Kameraden das ewige Gespött mit mir, ich hieß ein kalter Michel hin und her, und weil ich doch zuletzt um keinen Preis der Tropf sein wollte, der nicht wie jeder andere brave Kerl sein Mädchen hätte, nahm ich etliche Mal einen tüchtigen Anlauf, kam bei ein Stück Drei oder Vieren herum, darunter ein Paar Goldfasanen, die redlich ihren Narren an mir fraßen; allein es that nicht gut; nach vierzehn Tagen wollte ich schon Gift und

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_007.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)