Seite:Moerike Schriften 2 (1878) 010.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

Galanteriehändlers vor, welchem sein Kasten, während des Marschirens, auf ganz unbegreiflich listige Art, Schubfach für Schubfach, soll ausgeleert worden sein. Mein Fuhrmann wollte zwar so eigentlich nichts von dergleichen wissen, doch konnte ich mich nicht enthalten, von Zeit zu Zeit durch die Tuchspalte hinten mit Einem Aug' hinauszuschauen. Der Himmel hatte sich wieder geklärt, man konnte jeden Baum und jeden Pfahl erkennen, man hörte auch nichts als das Klirren und Aechzen des Wagens, inzwischen ließ ich doch die Hand nicht von meinem Gepäck und tröstete mich mit des Fuhrmanns großem Hund; nur kam es mir ein paarmal vor, als wenn die Bestie sonderbar winsle, das ich aber zuletzt mitleidig dem puren Hunger zuschrieb.

„Jetzt noch ein Viertelstündchen, Herr, so hat sich’s!“ rief mir der alte Bursche zu und ließ zum erstenmal die Peitsche wieder herzhaft knallen. „Die Wahrheit zu gestehn,“ fügte er bei, „sonst ist es auch gerade nicht mein Sach’, so spät wegfahren: ein Fuhrmann aber, wißt Ihr wohl, hat es halt nicht immer am Schnürlein. Nu –

’s Löwenwirths Rother
ist allzeit hell auf!“

Es schlug halb Zwölfe, als man vor das Städtchen kam. Am nächsten Wirthshaus hielten wir. Es

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_010.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)