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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

Er hatte sich gedreht! der Wegweiser – gedreht, so wahr ich lebe! Mit Einem Arm wies er schief über die Heide, den andern hatte er, damit ich ihn ja recht verstehen sollte, dicht an den Leib gezogen. Des Schäfers Antwort ging indeß im Wiederhall des Walds verloren. Ich starrte und staunte den Wegzeiger an und hörte wie mein Herz gleich einem Hammer schlug. Alter! sprach ich in meinem Sinn, du gefällst mir nur halb; du hältst wohl gute Nachbarschaft mit dem dreibeinigen Gesellen auf der Höhe, mich sollst du nicht dran kriegen! Damit rannt’ ich davon, als wär’ er schon hinter mir her. Der Schäfer kam mir entgegen: „Was gibt’s? Wer ist Euch auf den Fersen? Habt Ihr Etwas verloren?“ „Nichts! sagt nur, wo geht’s Glückshof zu?“ Der Mann mochte glauben, ich hätte gestohlen, er maß mich von Kopf bis zu Fuß; dann deutete er nach der Waldecke hin: „von dort seht Ihr in’s Thal, ein Fußpfad führt nach dem Weiler hinab, da fragt Ihr weiter.“ Inmittelst hatt’ ich mich etwas gefaßt. Der Mann schien mir eine ehrliche Haut, demungeachtet nahm ich Anstand, ihm mein Abenteuer zu vertrauen, und fragte nur, indem ich meinen Finger in der Richtung hielt, in der das hölzerne Gespenst gewiesen: „Was liegt denn dahin?“ „Da? kämt Ihr schnurgerad’ auf’s graue Schlößlein.“ Bewahr’ mich Gott! dacht’ ich, dankte dem Schäfer und

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_020.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)