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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

Ein dichter Nebel hatte sich wie ein weiße See durch’s Thal ergossen, er reichte bis zu mir herauf und ich stieg immer mehr in ihn hinein. Zum Glück war die Nacht nicht sehr finster, die Sterne thaten ihre Schuldigkeit. Aber ach, ich glaubte bereits in der Tiefe zu wandeln, während ich nur auf einem fahrbaren Absatz des Berges rings um denselben herum und ganz unmerklich wieder aufwärts lief. In Kurzem spazierte meines Vaters sein Sohn also wieder ganz hübsch auf der öden, verhenkerten Heide herum, ungefähr da wo ihm vor drei Stunden zum erstenmal das Trumm verloren ging.

Sie fragen, meine Werthesten, wie mir bei dieser Entdeckung zu Muthe gewesen? Je nun, ich dachte, jetzt säßest du besser daheim bei deiner braven Meisterin, wenn sie den Abendsegen lies’t, meinethalben auch bei’m Storchenwirth und Fritz der Färber gäbe die Geschichte Preis, wie er Anno 70 im Kniebis verirrte. Allein, wo nun hinaus? Eine bekannte gute Regel ist: wenn Einer spürt, es sei ihm angethan, thut er am klügsten, er steckt den Verstand in den Sack und läuft wie seine Füße mögen. So that ich auch, und fing das frische Kernlied an zu singen: Seid lustig und fröhlich ihr Handwerksgesellen! – Es ging jetzt unaufhörlich eben fort. Auf einmal aber schien es hell und immer heller um mich her zu

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_022.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)