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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

mich, es sei Sonntag. Mein Herz bewegte sich dabei, ich weiß nicht wie. Doch war jetzt keine Zeit, um solchen Rührungen lang nachzuhängen; auf alles Denken aber und Grübeln über meine Lage that ich sofort grundsätzlich ein für alle Mal Verzicht; nur, als ich mir den beispiellosen Spuck des gestrigen Abends zurückrief, gerieth ich auf die Muthmaßung, ich könnte wohl ein bischen beschnapst gewesen sein, denn meine Branntweinflasche fand sich beinahe leer.

Ich eilte, sauber angezogen, zu meinem Wirth hinunter, der mir mit Heiterkeit ankündigte, es sei nur noch ein Stündchen bis Mittag; sie hätten mich nicht wecken wollen, weil sie dächten, ich habe nicht besonders zu pressiren und würde vielleicht ein paar Tage bei ihnen ausruhen. Nach einigem, wiewohl nur scheinbaren Bedenken, und auf wiederholtes Zureden, nahm ich diese unerwartete Gastfreundschaft an und blieb geruhig in meinen Pantoffeln. „Zwar werden wir Euch leider über Tisch für dießmal nicht Gesellschaft leisten,“ sagte der Schloßvogt; „der Schulmeister im Dorf läßt heute taufen, da sind wir zu Gevatter gebeten und müssen gleich fort: Josephe aber, meine Nichte, wird Euch nichts abgehen lassen.“ Ich war Alles zufrieden.

Das Ehpaar hatte sich in Staat begeben und außen wartete ein Fuhrwerk. Sie baten nochmals

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_027.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)