Seite:Moerike Schriften 2 (1878) 055.jpg

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zurück, und nun entspann sich, zwischen Schlaf und Wachen, der wunderlichste Kampf in mir: stehst du auf? bleibst du liegen? Ich suche endlich nach dem Feuerzeug, ich schlage Licht, werfe den Ueberrock um und schleiche in Pantoffeln durch den Gang, die Treppe hinab … Ob ich dieß wachend oder schlafend that, – das, meine Werthesten, getraue ich mir selbst kaum zu entscheiden; es ist das ein Punkt in meiner Geschichte, worüber ich trotz aller Mühe noch auf diese Stunde nicht in’s Reine kommen konnte. Genug, es kam mir vor, ich stand im untern Flur und wollte nach der Küche. Die Aehnlichkeit der Thüren irrte mich und ich gerieth in ein Gemach, wo sich verschiedenes Gartengeräth, gebrauchte Bienenkörbe und sonstiges Gerümpelwerk befand; auch war an der breitesten Wand eine alte, riesenhafte Landkarte von Europa aufgehängt (wie ich denn dieses Alles den andern Tag gerade so beisammen fand). Schon griff ich wieder nach der Thüre, als mir auf einem langen Brett bei andern Gefäßen ein voller Essigkolben in die Augen fiel. Das löscht den Durst doch besser als bloßes Wasser, dachte ich, hub den Kolben herab und trank in unmenschlichen Zügen; es wurde mir gar nicht genug. Auf Einmal rief nicht weit von mir vernehmlich ein äußerst feines Stimmchen: „He! Landsmann, zünd’ Er doch ein klein bißchen

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_055.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)