Seite:Moerike Schriften 2 (1878) 084.jpg

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Erkleckliches von einem Höcker zu gewahren, ein Merkmal, das gedachter Aehnlichkeit auf keine Weise Abbruch that. Nichts desto weniger hatte sein ganzes Wesen etwas Ehrwürdiges, Unwiderstehliches für mich.

Er nahm nunmehr mit Anstand Platz und sprach: „Ihr seid Franz Arbogast aus Egloffsbronn, Goldschmiedsgesell bei Meister Orlt in Achfurth?“

„So ist es, Ew. Gnaden!“ versetzte ich mit großer Zuversicht, und erzählte sofort auf Verlangen die ganze unglückselige Historie ausführlich und gewissenhaft, woebei er sehr aufmerksam zuhörte. Am Ende zog er die Klingel und ließ mein Felleisen bringen. Hierauf begehrte der Freiherr das Büchlein zu sehen, das eine so wichtige Rolle in meiner Geschichte gespielt. Ich überreichte ihm das unschätzbare Werklein ungesäumt, das er mit einem ganz erheiterten Gesicht, ja mit unverkennbarer Rührung, wie eine wohlbekannte Reliquie empfing. „Meiner Schwester Hand, bei Gott!“ rief er halblaut, blätterte lang und schmunzelte dazwischen, sah mich dann wieder ernsthaft an, ging auf und ab, mit allen Zeichen stiller, nachdenklicher Verwunderung. Nun trat er auf mich zu, und sagte: „Also just vierhundert Dukaten betrüge die Summe, die Ihr verloren?“

„Gerade so viel, Ew. Gnaden.“

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_084.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)