Seite:Moerike Schriften 2 (1878) 100.jpg

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führte sie nach einem Gemache im untern Stock, zu dem Niemand, sogar der Vogt nicht, Zutritt hatte. Sephchen erblickte nun hier eine vollständige Goldschmieds-Werkstatt, ganz neu und sauber eingerichtet. „Mein Kind!“ sagte die edle Frau: „sieh’ an, das ist für deinen Franz, hier führst du ihn herein, wenn er ’mal kommen wird; hier muß dein Liebster sein Meisterstück machen. Ist das geschehn, so findet sich das Uebrige von selbst. Der Werkzeug bleibt sein Eigenthum; er nimmt ihn mit gen Achfurth, wo ihr euch niederlassen sollt. Und dann gedenket mein und habt einander lieb in Gottesfurcht und Frieden.“ – Zugleich bekam Josephe ein ähnliches Büchlein wie ich, obgleich sie nach Geburt und Rang nur ein Sonntagskind war. Die Werkstatt wurde nun wieder geschlossen, und ich war in der That der Erste, dem sie sich nach vier Jahren wieder öffnete. Josephen war der Schlüssel durch Herrn Marcell bei seiner neulichen Anwesenheit behändigt worden. Ich hatte nur zu staunen und zu preisen, als ich mit meiner Braut von diesen Sachen Einsicht nahm: da war auch nicht das Geringste vergessen, vom großen Ofen bis zum unbedeutendsten Lötrohr herab, und Stück für Stück untadelhafte Waare, so rein und einladend, daß einem gleich der Mund nach der Arbeit zu wässern anfing. Auf meine Frage, was denn wohl zunächst hier mein

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_100.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)