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Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

sich aus, die untere Gasse ist schon unter Wasser, und in dem Berg am Gumpen ist ein Getös und Rollen, als wenn die Sündfluth käme! – Indem er noch so sprach, that innen die Lau einen Schrei: das ist der König, mein Gemahl, und ich bin nicht daheim! – Hiermit fiel sie von ihrem Stuhl sinnlos zu Boden, daß die Stube zitterte. Der Sohn war wieder fort, die Spinnerinnen liefen jammernd heim mit ihren Rocken, die Andern wußten aber nicht was anzufangen mit der armen Lau, welche wie todt da lag. Eins machte ihr die Kleider auf, ein Anderes strich sie an, das Dritte riß die Fenster auf, und schafften doch Alle miteinander nichts.

Da streckte unverhofft der lustige Koch den Kopf zur Thür herein, sprechend: ich hab’ mir’s eingebildet, sie wär’ bei Euch! Doch, wie ich sehe, geht’s nicht allzu lustig her. Macht, daß die Ente in das Wasser kommt, so wird sie schwimmen! – Du hast gut reden! sprach die Mutter mit Beben: hat man sie auch im Keller und im Brunnen, kann sie sich unten nicht den Hals abstürzen im Geklüft? – Was Keller! rief der Sohn: was Brunnen! das geht ja freilich nicht – laßt mich nur machen! Noth kennt kein Gebot – ich trag’ sie in den Blautopf. – Und damit nahm er, als ein starker Kerl, die Wasserfrau auf seine Arme. Komm, Jutta –

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. Stuttgart: G. J. Göschen. 1878, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_152.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)