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Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

Er sollte, hieß es, Alles sprechen, wenn er das rechte Futter bekäme, und ob er zwar die ganze Zeit nicht sprach, und sich der Schuster dessenthalb betrogen fand, so ward er doch der Frau Liebling.

Derselbe schaute jetzt der Meisterin, wie sie das Restlein Brod so hielt, mit einem krummen Kopf begierig auf die Finger. Da sagte sie zu ihrem Bräutigam: Soll es der Heinz nicht haben? – Der Seppe dachte freilich: damit geht manches Hundert schöner Laiblein ungesehn zu Schanden; doch gab er ihr zur Antwort: was mein ist, das ist Euer, und was Euch hin ist, soll auch mir hin sein. – So schnellte sie den Brocken ihrem Heinz hinauf; der schnappte ihn, zerbiß und schluckt’ ihn nieder; kaum aber war’s geschehn, so hub der Sittich an zu reden und brachte laut und deutlich diese Worte vor:

Gut, gut, gut – ist des Hutzelmanns sein Brod.
Wer Einen hat umbracht und Zween, schlägt auch den Dritten todt.

Die Meisterin saß bleich als wie die Wand auf ihrem Stuhl, der Gesell aber, wähnend, sie sei darob verwundert vielmehr denn entsetzt, lachte und rief: der ist kein Narr! er meint, wenn man es einmal recht verschmeckte, fräß’ Einer leicht auf Einen Sitz drei Laib! – Darauf die Frau zwar gleichermaßen groß Ergötzen an dem Thier bezeugte; doch mochte

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. Stuttgart: G. J. Göschen. 1878, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_202.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)