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Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

Gleich vor dem Flecken, frei auf einem Gutstück, lag eines Schönfärbers Haus; an dessen Einer Seite hingen allerhand Stück Zeug, in Roth, Blau, Gelb und Grün gefärbt, auf Stangen und im Rahmen aufgezogen, davor ein grüner Grasplatz war. Dort nun, doch näher bei der Straße, sah der Seppe, nur einen Steinwurf weit von ihm, das nasenweise Färberlein stehn, das Gesicht nach dem Flecken gekehrt. Das Bürschlein hatte Gähnaffen feil135, weil seine Meistersleute nicht daheim, oder paßte es auf eine hübsche Dirne, sah und hörte deshalb weiter nichts.

Wohl bei der Heck’, du Laff! sagte der Seppe frohlockend vor sich, indem er risch seitab der Straße sprang: jetzt will ich dir den Plirum geigen136! – warf seinen Ranzen links herum, lief eilig zu und stand unsichtbar auf dem Wasen, ein Dutzend Schritte hinter dem Färber. Geschwind besann er sich, was er zuerst beginne, trat an das Lattenwerk, zog wie der Blitz einen trockenen Streif des rothen Zeugs herab und breitete denselben glatt auf’s Gras; alsdann stellte er sich in leibhaftiger Gestalt, ohne Willkomm und Gruß, nicht in Gutem noch Bösem, ganz dichte vor den Färber hin. Der, seinen Feind erkennend, macht’ ein Gesicht als wie der Esel, wenn er Teig gefressen hat; und plötzlich wollte er auf und davon. Der Schuster aber hatt’ ihn schon gefaßt – kein

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. Stuttgart: G. J. Göschen. 1878, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_215.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)