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Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

Schraubstock zwängt ein Werkholz fester denn unser Geselle das Büblein hielt bei seinen zween Armstecken. Er hieß ihn stille schweigen, so wolle er ihm aus Barmherzigkeit an seinem Leib nichts thun; nahm ihn sodann gelinde, legt’ ihn aufs eine Tuch-End überzwerch, drückt’ ihm die Ellenbogen grad am Leib und wergelt’ ihn mit Händen geschickt im Tuch hinab, wie man ein Mangholz wälzet, daß er schön glatt gewickelt war bis an das Kinn. Drauf band er ihm ein grünes Band, das er auch von der Latte gezogen, kreuzweis von unten bis hinauf und knüpft’s ihm auf der Brust mit einer schönen Schlaufe. Nach allem Diesem aber nahm und trug er ihn, nicht anders als ein Pfätschenkind dahin getragen wird, auf seinen Armen weg (in deren Einem er den Wanderstock am Riemen hangen hatte). Weil er jedoch bei diesem ganzen Vornehmen das Loth links trug und weil der Krackenzahn mehr nicht kann ungesehen machen als das zum Mann gehört, so war es wunderbarlich, ja grausig, fremd und lustig gleichermaßen anzusehn, wie auf der breiten Straße, mitten inne, ein gesunder Knab, wie Milch und Blut, mit schwarzem Kräuselhaar, in Wickelkindsgestalt frei in der Luft herschwebete und schrie.

Das Volk lief zu aus allen Gassen, ein Jedes lacht’ und jammerte in Einem Athem, die Weiblein schrien Mirakel und: Hilf Gott! es ist des Färbers

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. Stuttgart: G. J. Göschen. 1878, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_216.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)