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Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

Salomo Zahnstocher, so er im täglichen Gebrauch gehabt. Mein guter Freund, der hochwürdige Abt von Kloster Hirschau sendet ihn mir zum Geschenk. Er soll, wenn man bisweilen das Zahnfleisch etwas damit ritzet, den Weisheitszahn noch vor dem Schwabenalter treiben. Da wir für unsere Person, so Gott will, solcher Förderniß nicht mehr bedürfen, so denken wir dieß edle Werkzeug, auf ausdrückentlich Begehren, hie und da in unserer Freundschaft hinzuleihen, es auch gleich heut, da wir etliche Junker zu Gast haben werden, bei Tafel mit dem Nachtrunk herumgehen zu lassen. – So scherzte der betagte Held, und Alles war erfreut ihn so vergnügt zu sehen.

Jetzt wurde den Bürgern das Zeichen zum Essen gegeben. Für jede Gasse, wo gespeist ward, hatte man etliche Männer bestellt, welche dafür besorgt sein mußten, daß die Geladenen in Ordnung ihre Sitze nahmen. So lang bis dieß geschehn war, pflogen die Herrn und Damen heiteren Gesprächs mit dem Gesellen und der Vrone. Ein Diener reichte Spanier-Wein in Stotzengläsern164, Hohlippen165 und Krapfen166 herum, davon die Beiden auch ihr Theil genießen mußten. – Ihr seid wohl Bräutigam und Braut? frug die Frau Mutter. – Ja, Ihro Gnaden, sprach der Seppe: dafern des Mädchens Mutter nichts dawider hat, sind wir’s, seit einer halben Stunde.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. Stuttgart: G. J. Göschen. 1878, Seite 248. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_248.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)