Seite:Moerike Schriften 2 (1878) 295.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

wurde und gleichzeitig verschiedene erwachsene Personen uns immer zuschrien: nach Hause, Kinder! macht daß ihr fortkommt! – so legt’ ich schon die Hand an meinen kleinen Rappen, und nur ein Blick auf Lucien, die nah bei mir in einer Ecke ein flackerndes Lämpchen mit vorgeschützten Händen hielt, machte mich zaudern. „Frisch! aufgesessen Junker!“ rief ein riesenhafter, schwarzbärtiger Gardist, warf mich muthwillig in den Sattel, faßte dann Lucien, trotz ihres Sträubens und Schreiens, und schwang sie hinter mich. Das Mädchen saß kaum oben, mit beiden Armen mich umklammernd, so rannte das Thier, der doppelten Last ungewohnt, mit Blitzesschnelligkeit davon, dem nächsten offenen Baumgang zu, und so die Kreuz und Quer wie ein Pfeil durch die feuchte Nacht der mannigfaltigen Alleen. An ein Aufhalten, an ein Umkehren war gar nicht zu denken. Zum Glück blieb ich im Bügel fest und wankte nicht, nur daß mir Luciens Umarmung fast die Brust eindrückte. Von Natur muthig und resolut, ergab sie sich bald in ihre verzweifelte Lage, ja mitten im Jammer kam ihr die Suche komisch vor, wenn anders nicht ihr lautes Lachen krampfhaft war.

Der Regen hatte nachgelassen, es wurde etwas heller; aber das Todte, Geisterhafte dieser Einsamkeit in einem Labyrinth von ungeheuren, regelmäßig schnell

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_295.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)