Seite:Moerike Schriften 2 (1878) 392.jpg

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vorerst denselben Weg, den er gekommen, bis an das Glacis, auf welchem er dann langsamer, mit einem Umweg, im weiten Halbkreis um die Wälle wandelte. Ganz mit der Angelegenheit des armen Liebespaars beschäftigt, durchlief er in Gedanken eine Reihe seiner Bekannten und Gönner, die auf die eine oder andere Weise in diesem Fall etwas vermochten. Da indessen, bevor er sich irgend zu einem Schritt bestimmte, noch nähere Erklärungen von Seiten des Mädchens erforderlich waren, beschloß er diese ruhig abzuwarten und war nunmehr, mit Herz und Sinn den Füßen voraus eilend, bei seiner Frau zu Hause.

Mit innerer Gewißheit zählte er auf einen freundlichen, ja fröhlichen Willkommen, Kuß und Umarmung schon auf der Schwelle, und Sehnsucht verdoppelte seine Schritte bei’m Eintritt in das Kärnthner Thor. Nicht weit davon ruft ihn der Postträger an, der ihm ein kleines, doch gewichtiges Packet übergibt, worauf er eine ehrliche und accurate Hand augenblicklich erkennt. Er tritt mit dem Boten, um ihn zu quittiren, in den nächsten Kaufladen; dann, wieder auf der Straße, kann er sich nicht bis in sein Haus gedulden; er reißt die Siegel auf, halb gehend, halb stehend verschlingt er den Brief.

„Ich saß,“ fuhr Madame Mozart hier in der Erzählung bei den Damen fort, „am Nähtisch, hörte

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 392. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_392.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)