Seite:Moerike Schriften 2 (1878) 393.jpg

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meinen Mann die Stiege heraufkommen und den Bedienten nach mir fragen. Sein Tritt und seine Stimme kam mir beherzter, aufgeräumter vor, als ich erwartete und als mir wahrhaftig angenehm war. Erst ging er auf sein Zimmer, kam aber gleich herüber. Guten Abend! sagt’ er; ich, ohne aufzusehen, erwiederte ihm kleinlaut. Nachdem er die Stube ein paarmal stillschweigend gemessen, nahm er unter erzwungenem Gähnen die Fliegenklatsche hinter der Thür, was ihm noch niemals eingefallen war, und murmelte vor sich: „Wo nur die Fliegen gleich wieder her kommen!“ – fing an zu patschen da und dort, und zwar so stark wie möglich. Dieß war ihm stets der unleidlichste Ton, den ich in seiner Gegenwart nie hören lassen durfte. Hm, dacht’ ich, daß doch was man selber thut, zumal die Männer, ganz etwas anderes ist! Uebrigens hatte ich so viele Fliegen gar nicht wahrgenommen. Sein seltsames Betragen verdroß mich wirklich sehr. – „Sechse auf Einen Schlag!“ rief er: „willst du sehen?“ – Keine Antwort. Da legte er mir Etwas auf’s Nähkissen hin, daß ich es sehen mußte, ohne ein Auge von meiner Arbeit zu verwenden. Es war nichts Schlechteres als ein Häufchen Gold, so viel man Ducaten zwischen zwei Finger nimmt. Er setzte seine Possen hinter meinem Rücken fort, that hin und wieder einen Streich und

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 393. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_393.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)