Seite:Moerike Schriften 2 (1878) 410.jpg

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Gruppen schwatzend um einander. Mozart sah sich nach jemanden um, augenscheinlich nach der Braut; da sie jedoch gerade nicht zugegen war, so richtete er naiver Weise die ihr bestimmte Frage unmittelbar an die ihm nahestehende Franziska: „Was denken Sie denn nun im Ganzen von unserm Don Giovanni? was können Sie ihm Gutes prophezeien?“

„Ich will,“ versetzte sie mit Lachen, „im Namen meiner Base so gut antworten als ich kann: „Meine einfältige Meinung ist, daß wenn Don Giovanni nicht aller Welt den Kopf verrückt, so schlägt der liebe Gott seinen Musikkasten gar zu, auf unbestimmte Zeit heißt das, und gibt der Menschheit zu verstehen –““ – „Und gibt der Menschheit,“ fiel der Onkel verbessernd ein, „den Dudelsack in die Hand und verstocket die Herzen der Leute, daß sie anbeten Baalim.“

„Behüt’ uns Gott!“ lachte Mozart. „Je nun, im Lauf der nächsten sechzig, siebzig Jahre, nachdem ich lang fort bin, wird mancher falsche Prophet aufstehen.“

Eugenie trat mit dem Baron und Max herbei, die Unterhaltung hob sich unversehens auf ein Neues, ward nochmals ernsthaft und bedeutend, so daß der Componist, eh’ die Gesellschaft aus einander ging, sich noch gar mancher schönen, bezeichnenden Aeußerung erfreute, die seiner Hoffnung schmeichelte.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 410. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_410.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)