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Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

unten nicht geschmolzen sei? denn eine alte Sage sprach von glühender Hitze in den untersten Schichten. – Die schöne Bläue des übrigens krystallhellen Wassers verstärkt sich mit zunehmender Tiefe; nur an dem Rande, wo die Vegetation einwirkt, fällt sie in’s Grüne. Bis jetzt ist dieses Blau noch nicht genügend erklärt. Weder in der Umgebung, noch in der Farbe des Grunds kann die Ursache liegen, weil das Wasser sein bläuliches Ansehen bis zum Ausfluß in die Donau behält. Ebensowenig hat eine chemische Untersuchung durch Prof. Schübler einen Gehalt an Metallen oder andern Stoffen, wodurch die Erscheinung veranlaßt werden könnte, gezeigt; das Wasser stellte sich nur reiner als die meisten Trinkwasser dar. – Sein Spiegel ist gewöhnlich ganz ruhig, so daß man kein Hervorquellen bemerkt; dennoch ist der Abfluß so stark, daß er nicht nur mittelst des an der Quelle angebrachten Brunnenhauses die ganze Stadt und das Kloster mit Wasser versieht, sondern auch ein ebenfalls daran stehendes Hammerwerk und unmittelbar darauf vier Mühlen treibt. Bei anhaltendem Regen- und Thauwetter trübt sich die Quelle, wird auffallend stärker und so unruhig, daß sie beträchtliche Wellen aufwirft und Ueberschwemmungen verursacht. Im J. 1641 soll die Gefahr so groß gewesen sein, daß ein Bettag gehalten, eine Procession zum Blautopf veranstaltet und zu Versöhnung der erzürnten Gottheit (allerdings keiner Nymphe) zwei vergoldete Becher hineingeworfen wurden, worauf das Toben nachgelassen habe. Unstreitig steht der Blautopf durch unterirdische Klüfte in Verbindung mit der Albfläche und insbesondere mit den darauf befindlichen Erdtrichtern. – Einige hundert Schritte von dem Topf ist ein zweiter ähnlicher Quell, der Gieselbach, an welchem einst die alte Niklaus-Capelle und ein Nonnenkloster stand. Nach Memminger’s Beschr. d. Ob.-Amts Blaubeuren.

12 [122] Lau, von La, Wasser, welches in lo, lau, b’lau überging, daher nach Schmid der Name des Flüßchens Blau (und Blautopf) abzuleiten wäre.

13 Gumpen (der), gewöhnlich nur eine vertiefte Stelle auf dem Grunde des Wassers, hier das Ganze einer größern Wassersammlung mit bedeutender kesselartiger Vertiefung. Wer etwa, wie Einige ohne Noth wollen, das Wort Topf im Sinn von Kreisel nimmt und es damit erklärt, daß das Wasser, besonders bei starkem Regen- und Thauwetter, wo es sich in der Mitte pyramidalisch erhebt, eine kreisende Bewegung macht, der wird unsern Ausdruck doppelt gerechtfertigt finden, d a gumpen, gampen entschieden so viel ist als hüpfen, tanzen, muthwillig hinausschlagen.

14 Kleine Messer. Es war eine alte Sitte, die noch nicht ganz abgekommen ist, sich zum Zeichen der Freundschaft mit Messern zu beschenken; vorzüglich herrschte sie in den Klöstern. Der Mystiker, Meister Heinrich von Nördlingen, Tauler’s und Suso’s Freund, schickte den Klosterfrauen zu Medingen öfters Messer zum Geschenke. Daher vielleicht die Redensart: Messerlein geben, d. h. nachgeben, Abbitte thun.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. Stuttgart: G. J. Göschen. 1878, Seite 418. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_418.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)