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Diverse: Monatsberichte der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften Juni 1856

Über die eigentliche Bedeutung der somit zur allgemeinen Kunde der Rechtsgelehrten gebrachten Schrift giengen die Urtheile nach beiden Seiten hin gar weit auseinander. Manche Juristen, empört über die dem Kaiser in den Mund gelegten Äusserungen wider die Doctoren und das römische Recht, sahen darin eine nichtswürdige Erdichtung[1], Andre einen wirklich zu Stande gekommenen Beschluss, wie z. B. die Vorrede Cocceji’s zu dem Project des Corp. Jur. Fridericiani 1750 § 20 erzählt: „dahero ist K. Friedrich III … bewogen, solches (das römische Recht) durch einen Öffentlichen Reichsschluss 1441 auf gewisse Art abzuschaffen“. Dazwischen liegt eine Reihe von Mittelmeinungen, als Schattierungen jener Äusserung Goldasts, dass das Document ächt, aber nur als ein Entwurf zu betrachten sei. So nennt z. B. Pütter, Entwicklung der Staatsverf. I. 300, es einen Vorschlag auf Friedrichs erstem Reichstage im J. 1441.

Der Zwiespalt der Ansichten dauerte im gegenwärtigen Jahrhunderte fort. Georg Wilhelm Böhmer widmete der Frage eine eigne Schrift mit dem pomphaften Titel

K. Friedrichs III Entwurf einer Magna Charta für Deutschland, Göttingen 1818,

deren Verdienst nur in der Angabe der Literatur des Gegenstandes besteht. Im übrigen giebt sie nach Goldast die Artikel nebst Auszügen aus den Declarationen und eignen Erläuterungen im Sinne des Titels, und müht sich mit der Ausführung, das Werk sei in seinem ganzen Umfange auf unmittelbaren Befehl des Kaisers in seinem Cabinet verfasst worden.

Als nun Eichborn in der dritten Ausgabe seiner Rechtsgeschichte 1822 bis zu dieser Periode gelangte, entgieng es seiner unbefangenen und gründlichen Prüfung nicht, dass hier auch nicht einmal von einem Vorschlage, sei es des Kaisers oder der Städte die Rede sein könne. Er beurtheilte § 408 die Schrift als einen Privataufsatz, der schwerlich je Gegenstand


  1. Silberrad z. B. Vindiciae iuris Romani contra reform. de a. 1441, Argent. 1748 nennt sie p. 37 infame carmen, p. 70 foetum monstrosum. J. F. Eisenhart de Friderico III ab odio in Jureconsultis vindicato 1764, urtheilt istam spuriam esse et inter figmenta referendam.
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Diverse: Monatsberichte der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften Juni 1856. , Berlin 1856, Seite 293. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Monatsberichte_der_K%C3%B6nigl_Preuss_Akademie_der_Wissenschaften_Juni_1856.pdf/322&oldid=- (Version vom 1.8.2018)