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(Beilage zu Bd. XXXII, Nr. 36, der neuen Zeitschrift für Musik.)




Musikalische Haus- und Lebensregeln.
(Textanhang zu Robert Schumann’s Album für die Jugend.[1])




Die Bildung des Gehörs ist das Wichtigste. Bemühe dich frühzeitig, Tonart und Ton zu erkennen. Die Glocke, die Fensterscheibe, der Kukuck — forsche nach, welche Töne sie angeben. –

*

Du sollst Tonleitern und andere Fingerübungen fleißig spielen. Es giebt aber viele Leute, die meinen, damit Alles zu erreichen, die bis in ihr hohes Alter täglich viele Stunden mit mechanischem Ueben hinbringen. Das ist ungefähr ebenso, als bemühe man sich täglich, das A-B-C möglichst schnell und immer schneller auszusprechen. Wende die Zeit besser an. –

*

Man hat sogenannte „stumme Claviaturen“ erfunden; versuche sie eine Weile lang, um zu sehen, daß sie zu nichts taugen. Von Stummen kann man nicht sprechen lernen. –

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Spiele im Takte! Das Spiel mancher Virtuosen ist wie der Gang eines Betrunkenen. Solche nimm dir nicht zum Muster. –

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Lerne frühzeitig die Grundgesetze der Harmonie. –

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Fürchte dich nicht vor den Worten: Theorie, Generalbaß, Contrapunkt etc.; sie kommen dir freundlich entgegen, wenn du dasselbe thust. –

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Klimpere nie! Spiele immer frisch zu, und nie ein Stück halb! –

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Schleppen und eilen sind gleich große Fehler. –

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Wenn du spielst, kümmere dich nicht darum, wer dir zuhört. –

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Spiele immer, als hörte dir ein Meister zu. –

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Bemühe dich, leichte Stücke gut und schön zu spielen; es ist besser, als schwere mittelmäßig vorzutragen. –

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Du hast immer auf ein rein gestimmtes Instrument zu halten. –

*

Nicht allein mit den Fingern mußt du deine Stückchen können, du mußt sie dir auch ohne Clavier vorträllern können. Schärfe deine Einbildungskraft so, daß du nicht allein die Melodie einer Composition, sondern auch die

  1. Obige Aphorismen waren der 1sten Auflage des Jugendalbum’s von R. Schumann als Anhang beigegeben zu werden bestimmt. Die Sprüche sollten abwechselnd mit Illustrationen, zwischen die verschiedenen Tonstücke eingeschaltet werden. Der Ausführung stellten sich indeß nicht zu beseitigende Schwierigkeiten entgegen. Jetzt eine 2te Auflage des Album’s vorbereitend, ersuchte der Verleger den Künstler auch um Mittheilung des Textes, und war so gefällig, ihn, nach Genehmigung des geehrten Verfassers, uns zum Vorabdruck in der Zeitschrift zu überlassen.
    Die Redaction.[H 1]

Anmerkungen (H)

Empfohlene Zitierweise:
Robert Schumann: Musikalische Haus- und Lebensregeln. Robert Friese, Leipzig 1850, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Musikalische_Haus-_und_Lebensregeln.pdf/1&oldid=- (Version vom 1.8.2018)