Seite:Neuda-Stunden der Andacht-1858.pdf/103

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Gebet einer Mutter, deren Sohn In Militärdiensten stehet.

Gürte das Schwert an deine Hüfte, und sei ein Held,
Mit Ehre und Ruhm gekrönt;
Ziehe hin und sei glücklich für Recht und Wahrheit.
 (Ps. 45, 4 u. 5.)

Allmächtiger, Herr der Heerschaaren, der du mächtig waltest im Himmel und auf Erden, zu dir erhebt sich mein Gebet aus tiefem mütterlichem Herzen. Wende dein Antlitz mir zu, und erhöre mich in deiner Gnade.

Dem Rufe der Pflicht folgend, ist mein Sohn eingetreten in die Reihen der Kämpfer für das Vaterland, um einzustehen für Recht und Ordnung, um abzuwehren Tücke und Bosheit, wo sie dem theuern Vaterlande und seinen Bewohnern drohen. Wohl ist dies ein schöner, ehrenvoller Beruf, und ich danke dir, Allvater, daß du mir ein Kind geschenkt mit gesunden, kräftigen Gliedern, fähig die Waffen zu tragen im heiligen Dienst des Vaterlandes; aber es bebt und zittert mein Mutterherz, wenn ich bedenke, wie viel der Gefahren und Versuchungen ihn umgeben. Jung und unerfahren, fern von den Ermahnungen und Unterweisungen seiner Eltern, wie leicht kann da nicht sein jugendliches Herz der Verlockung sich hingeben, seinen Pflichten ungetreu werden und der Sünde verfallen; darum flehe ich zu dir, Allvater, nimm ihn in deinen mächtigen Schutz, umgib ihn mit deiner Alles überwiegenden Huld. Stärke und kräftige jedes edle Gefühl, jede Regung zum Guten in ihm, jede Erinnerung an die elterlichen Ermahnungen, die in seiner Seele auftaucht, daß er die Lehren der Tugend und der Gottesfurcht nimmer außer Acht lasse, daß seine Seele sich nicht dem Glauben seiner Väter entfremde, daß sein Herz sich nicht verhärte unter dem harten Dienst der Waffen, und die verderblichen Lockstimmen der Sünde nimmer ihn bewältigen mögen. Gewähre ihm, Allgütiger, Einsicht und Kraft, Rüstigkeit und Ausdauer, seine schweren Pflichten pünktlich zu erfüllen; daß er keiner Uebertretung, keines Fehls sich schuldig mache, und nie und durch nichts irre und wankend zu machen sei in dem unbegrenzten Gehorsam, in der aufopfernden Treue und Hingebung gegen seinen Fürsten und Herrn, zu dessen Fahne er geschworen. Und wann die heiße Stunde schlägt, die ihn hinausruft auf das

Empfohlene Zitierweise:
Fanny Neuda: Stunden der Andacht. Wolf Pascheles, Prag 1858, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuda-Stunden_der_Andacht-1858.pdf/103&oldid=- (Version vom 1.8.2018)