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und der Zwietracht, nur die Mißstimmung und das Mißverständniß mit seinen traurigen Geburten wandelt und waltet darin.

O, mein Gott, was ist ein Leben ohne Liebe, ohne diese pflichtgetreue, gottgesegnete Liebe, die der Gatten Bahn ebnet und mit Rosen schmückt, die eine Welt voll seliger Freuden in ihr Haus führt! Diese Liebe, die ewig sanft und mild die gegenseitigen Fehler mit ihrem Mantel bedeckt, die gegenseitigen Verdienste erhebt und mit Kronen umflicht, die im Opferbringen ihre Freude findet, und im Tragen und Gedulden an Kraft und Feuer wächst: – wo sie fehlt, da giebts nur sündige Triebe, Leidenschaften, die das Herz verzehren, oder es schrumpft das Gemüth unter dem starren, eisigen Hauche der Gleichgiltigkeit zusammen. Weh mir, daß ich unter einem solchen Loose seufzen muß! Unter bitterm Weinen steigen meine Klagen zu dir auf, mein Gott, erbarme dich deiner Magd, Vater, vergib mir, wenn ich vielleicht durch eigene Schuld mein Leid veranlaßt, mein trauriges Geschick mir selbst heraufbeschworen habe. Vor deinem heiligen Angesichte gelobe ich mir’s, hinfort über mich zu wachen, über mein Fühlen und Denken, über mein Thun und Lassen. In dem Streben nach ehelicher Zufriedenheit will ich willig jedes Opfer bringen und jedem Vergnügen entsagen, wo sie es erheischt; ich will still und geduldig meinem Hause, meinem Berufe, meinen Pflichten obliegen, und Milde und Sanftmuth entgegensetzen dem bittern Tadel, dem gereizten verletzenden Worte, und so mein Herz und das meines Gatten bezwingen.

O Vater im Himmel, segne meine Vorsätze, daß ich sie mit Kraft und Ausdauer zur That bringe, daß ich nicht in ohnmächtigem Ringen ermatte und meine Hoffnung sinken lasse, daß ich, mein Ziel stets vor Augen habend, muthig ihm entgegenschreite, und ein glücklicher Erfolg mein Streben lohne. O, du Allmächtiger, der du die Herzen lenkest wie Wasserströme, wende unsre Herzen einander zu, daß unsre Gefühle in Liebe und Einigkeit sich begegnen und in einander fließen. Der du die verborgensten Saiten unsres Innern kennst, laß darin die Herzenstöne erklingen, die in einander greifend sich vereinen zur beseligenden Harmonie, daß jede Mißhelligkeit von uns weiche, daß der Friede wieder sein Himmelsdach über unser Haus breite, und gegenseitiges Vertrauen und wechselseitige Achtung als mächtige Stützen es umranken, und jubelnd will ich dir danken und deinen Namen preisen für und für. Amen.

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Fanny Neuda: Stunden der Andacht. Wolf Pascheles, Prag 1858, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuda-Stunden_der_Andacht-1858.pdf/105&oldid=- (Version vom 1.8.2018)