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Unzahl von Welten und Geschöpfen? Was ist der Mensch, o Gott, daß du seiner gedenkest, auf ihn deinen Blick herniedersenkest?

Und dennoch hast du ihn über Alles erhoben, hast ihn

„Mit Ruhm und Ehr’ und Herrlichkeit geschmückt;
All deine Werke er beherrscht, besiegt,
Die ganze Schöpfung ihm zu Füßen liegt.
Gewild und Schaaf und Rind – ihm unterwürfig sind,
Der Vögel rasches Heer – die Fische in dem Meer;
Selbst über Meeres Wogen – erbaut er sich der Brücke Bogen.”

Ja zum Herrn der ganzen Schöpfung hast du ihn eingesetzt; selbst dem mächtigen, Ungeheuer bergenden Meere gebietet er, und macht sich aus seinen Fluthen einen Pfad, der ihn trägt und sein Hab und Gut.

Doch all diese Meisterschaft des Menschen, sie beruhet in deiner Gnade, mein Gott, und in deiner Allliebe. Deine Hand, die trägt ihn und hält ihn, ob er dahinzieht über Berg und Thal, ob über des Meeres Wogen und Wellen; dein Licht erleuchtet ihn, deine Macht stärkt ihn, in deinem Glauben findet er die Weisheit und die Kraft zu siegen über Gefahr und Noth, über Sturm und Wogen. Doch ein Wink von dir, und es erbebt und wankt die Erde, und mit ihr der Erdensohn, es erheben sich gegen ihn die Höhen und die Tiefen, und er und sein ganzes Reich ist dahin! –

O möge deine Gnade nimmer von mir weichen, und mir beistehen auf dieser gefahrvollen Fahrt. Und wie du die Arche Noahs auf dein Rücken mächtiger Gewässer dahin geleitet, so mögest du auch dieses Schiff, das mich und meine Gefährten trägt, mit deinem allmächtigen Schutze umgeben, es sanft dahingleiten lassen über stille, ruhige Gewässer, daß es gehoben und getragen von den Flügeln eines milden und günstigen Windes uns sicher und ungefährdet zum gewünschten Ziele führe. Amen.


Gebet während eines Sturmes auf der See.

„Gott macht die Stürme zu seinem Boten.”
 (Ps. 104, 4.)

Gott, mein Hort und mein Schutz, sieh, Angst durchbebt mich! Dampf und hohl tönt es herauf aus den Tiefen des

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Fanny Neuda: Stunden der Andacht. Wolf Pascheles, Prag 1858, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuda-Stunden_der_Andacht-1858.pdf/136&oldid=- (Version vom 1.8.2018)