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in Wien und in London tönt noch immer aus den jüdischen Tempeln die Sprache, in der einst Gott vom Sinai redete! –

Mit den Gefühlen echt weiblicher Religiosität paare sich ein erhebendes Nationalgefühl. Unsere Töchter sollen lernen mit Stolz und Selbstbewußtsein den Namen Israeliten tragen. Sie sollen den wahren innern Werth ihres Volkes erkennen und sich’s bewußt werden, daß die Gebrechen, die manchen traurigen Figuren das Verhängniß wirklich aufgeprägt hat, so wie die Schmach, die nur Bosheit oder Vorurtheil uns anzuheften bestrebt ist, sich endlich im Strome der Zeiten rein waschen wird und muß. Sie sollen sich’s bewußt werden, daß es eine Entwürdigung ihrer selbst wäre, wenn sie sich schämten, einem Stamme anzugehören, der so groß als irgend einer in der Geschichte dasteht, und dessen Blätter reich sind an glänzenden Helden, edlen Männern, aufopfernden Märtyrern. Es soll ihr Trost, ihr Streben, ihre Begeisterung sein, durch ihr Gemüth und ihren Wandel über jeden Tadel sich zu erheben, und sich als echte Töchter des Volkes zu bewähren, das inmitten eines jahrtausend-langen Kampfes gegen mancherlei tiefschmerzliche Anfeindungen sich doch den Segen eines frohen, häuslichen Sinnes und einer edlen Sittlichkeit wahrte.

Aber auch auf ihre Umgebung wollen wir unsere besondere Aufmerksamkeit richten, wollen verhüten, daß kein zweideutiges Wort, keine verletzende Handlung die reine Harmonie ihrer Seele störe, kein unreiner Hauch den klaren Spiegel ihrer Herzen trübe.

Doch wodurch schützen wir zumeist den frischen, sich

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Fanny Neuda: Stunden der Andacht. Wolf Pascheles, Prag 1858, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuda-Stunden_der_Andacht-1858.pdf/160&oldid=- (Version vom 1.8.2018)