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Gassen, unsere Häuser sind freundlicher geschmückt, unsere Herzen heiterer gestimmt, über Alles ist ausgegossen ein höherer festlicher Glanz. „Es ist Sabbath dem Ewigen zu ehren.” Doch nicht die eitle, nichtige, werthlose Ruhe des Müßigganges, wobei der Geist verfällt, und sinnliche Gelüste sich unserer bemächtigen, ist des Sabbaths Zweck und Ziel: sondern bloß die Ruhe des Körpers, damit desto besser die Seele ihre Thätigkeit entfalte; die Ruhe des äußern Menschen, damit desto lebhafter der innere Mensch hervortrete und unser besseres Selbst zur Herrschaft und Geltung gelange. Am Sabbath sollen wir den Dienst der Welt verlassen, um uns dem heiligen Dienste Gottes zu weihen, wir sollen niederlegen die Arbeit für unser irdisch Theil, um unserem geistigen, ewigen Heile ganz und ungetheilt zu leben, damit wir nicht untergehen im Strom des weltlichen Treibens, damit unser sittlicher Werth, die höheren Regungen des Herzens uns nicht im Gewühle des Lebens verloren gehen, damit nicht die lärmenden Stimmen von Außen die heiligen, göttlichen Stimmen in uns übertönen und zum Schweigen bringen.

So will ich denn auch, mein Gott und Herr, deinem Gebote folgend, an diesem heiligen Tage mich frommen Beschäftigungen hingeben. Ich will an deinem Gottesworte mein Herz erheben, will vor allem in dem Buche der Bücher, in deiner heiligen Thora lesen, von deinen Wundern und deiner Allmacht, von deiner Weisheit und deiner Huld und Barmherzigkeit, damit ich dich immer inniger erkennen, immer demuthsvoller verehren lerne, damit ich immer mit kindlicher Hingebung dir nachgehe, und dich immer liebe mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzem Vermögen. Ich will die sabbathlichen Stunden dazu verwenden, um das Herz meiner Kinder zu bilden, die Lehren der Tugend und Gottesfurcht in ihre Seele zu prägen, und den Geist der Liebe, des Gottvertrauens und der Gottergebenheit in meiner Umgebung herrschend zu machen nach meinen Kräften. Doch nicht nur auf die Glieder meines Hauses, auch auf den weiten Kreis meiner Nebenmenschen will ich meine Gedanken richten, will aussuchen unter ihnen den Dürftigen und den Leidenden, dem ich vielleicht mit Rath oder That beistehen kann! So will ich diesen Tag feiern, und „des Sabbaths gedenken, um ihn zu heiligen” in Wahrheit und Wahrhaftigkeit! Stärke nur immer, o Gott, meinen Willen dazu, gib mir Weisheit, Kraft und Ausdauer, diesen Willen zu verwirklichen, und gib, daß die sabbathlichen Gefühle, die heute

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Fanny Neuda: Stunden der Andacht. Wolf Pascheles, Prag 1858, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuda-Stunden_der_Andacht-1858.pdf/31&oldid=- (Version vom 1.8.2018)