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Ehre jeder nassen Stirn
Hinter’m Pfluge! – doch auch Dessen,

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Der mit Schädel und mit Hirn

Hungernd pflügt, sei nicht vergessen!

Ob in enger Bücherei
Dunst und Moder ihn umstäube:
Ob er Sklav der Messe sei,

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Lieder oder Dramen schreibe;

Ob er um verruchten Lohn
Fremden Ungeschmack vertire;
Ob er in gelehrter Frohn
Griechisch und Latein docire: –

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Er auch ist ein Proletar!

Ihm auch heißt es: „Darbe! borge!“
Ihm auch bleicht das dunkle Haar,
Ihn auch hetzt in’s Grab die Sorge!
Mit dem Zwange, mit der Noth

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Wie die andern muß er ringen,

Und der Kinder Schrei nach Brot
Lähmt auch ihm die freien Schwingen!

Empfohlene Zitierweise:
Ferdinand Freiligrath: Neuere politische und sociale Gedichte. Erstes Heft. Zweiter Abdruck.. Selbstverlag des Verfassers, Köln 1849, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuere_politische_und_sociale_Gedichte_Freiligrath_1849.pdf/18&oldid=- (Version vom 1.8.2018)