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Blum.

Vor zwei und vierzig Jahren war’s, da hat mit Macht geschrieen
Ein siebentägig Kölner Kind auf seiner Mutter Knieen;
Ein Kind mit breiter, offner Stirn, ein Kind von heller Lunge,
Ein prächtig Proletarierkind, ein derber Küferjunge.

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Er schrie, daß in der Werkstatt rings des Vaters Tonnen hallten;

Die Mutter hat mit Lächeln ihn an ihre Brust gehalten;
An ihrer Brust, auf ihrem Arm hat sie ihn eingesungen: –
Es ist zu Köln das Wiegenlied des Knaben hell erklungen.

Und heut in diesem selben Köln zum Wehn des Winterwindes

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Und zu der Orgel Brausen schallt das Grablied dieses Kindes.

Nicht singt die Ueberlebende, die Mutter, es dem Sohne:
Das ganze schmerzbewegte Köln singt es mit festem Tone.

Empfohlene Zitierweise:
Ferdinand Freiligrath: Neuere politische und sociale Gedichte. Erstes Heft. Zweiter Abdruck.. Selbstverlag des Verfassers, Köln 1849, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuere_politische_und_sociale_Gedichte_Freiligrath_1849.pdf/76&oldid=- (Version vom 1.8.2018)