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Bewiesen hab’ ich es: nur Frankreich ist mein Stern!

Könnt’ er dem Retter sein: o ich vergäb’ ihm gern! –
Doch sag’ ich wiederum: Schuldig! ist mein Erkenntniß –
Erdrückt, verdammt ihn nicht das eigene Geständniß?
Indessen die Gefahr emporwuchs um uns her,

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Indeß die Freunde todt hinstürzten – was that Er?

Gerieselt kam das Blut in Strömen, in Kaskaden,
Bis zu der Häuser Stirn stiegen die Barrikaden,
Ha, wie die rothe Gluth im Kreis die Stadt umlief!
Der Tod hielt Wache rings! – Er aber schlief! – Er schlief!

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Daß den Vertheidiger des Volkes man erhebe!

Hoch der Endymion des Bürgerkriegs! Er lebe!

Ihr sagt: der Schlaf im Feld ist ja der Stolz der Helden –
Der Helden? – Sei’s! doch nie der Henker, hört’ ich melden!
Napoleon schlief sanft die Nacht vor einem Sieg –

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Wohl, das war eben Muth, und Krieg ist immer Krieg!

Er hatte sich den Feind gewählt für seinen Degen –
Im Bürgerkriege nie würd’ er zur Ruh’ sich legen!
Sie schliefen, General! Ach, und wir armen Frau’n,
Wir, die das Feld nicht stählt, wir in dem blut’gen Grau’n

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Der langen Kampfesnacht, drin alle Kugeln trafen –

Wir, Feldherr, beteten; wir haben nicht geschlafen!

Empfohlene Zitierweise:
Ferdinand Freiligrath: Neuere politische und sociale Gedichte. Erstes Heft. Zweiter Abdruck.. Selbstverlag des Verfassers, Köln 1849, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuere_politische_und_sociale_Gedichte_Freiligrath_1849.pdf/81&oldid=- (Version vom 1.8.2018)