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Aber es droht ihnen von vielen Seiten her der Untergang. Die Spinnstuben, als die eigentlichen Säugammen dieser Sagen, sind verboten, die Verstandescultur schreitet auch unter dem gemeinen Manne sichtlich vorwärts, – möchte nur die religiöse und sittliche gleichen Schritt mit ihr halten! – die Gelegenheit und der Sinn zum Erzählen und Anhören möchte bald ganz fehlen.

Deshalb ist es die höchste Zeit zu retten, was noch zu retten ist, denn nur sehr Weniges ist bis jetzt, so viel mir bekannt, gesammelt und aufgezeichnet, und diese Zeilen sind an alle verehrl. Leser dieser Zeitschrift innerhalb beider Lausitzen, welche mit dem Volke in näherer Berührung stehen, ein Aufruf, eine Bitte: aufzuzeichnen, aus Volksmunde, möglichst getreu, mit den Worten des Erzählers, ohne etwas hinweg zu thun noch hinzuzusetzen, was sie von solchen Sagen gehört haben oder noch hören können.

Unser Magazin ist, glaube ich, ganz geeignet, solche Mittheilungen zu veröffentlichen und so eine Sammlung von Sagen beider Lausitzen vorzubereiten. Wie ich’s meine und was ich wünsche wird am besten näher bezeichnen und erläutern: „der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes. Herausgegeben von Ludwig Bechstein.“ so wie „die deutschen Volkssagen“ und die „Kinder- und Haus-Märchen“ von Grimm. Diese Bücher besitzt die Bibliothek der Gesellschaft und sie stehen jedem zu Dienst, welcher sich für diese Angelegenheit interessirt. Ich lasse hier einige Sagen folgen, die mir kürzlich mitgetheilt worden sind.

1. Das heilende Wasser.

An dem Fußwege nach der Mittel-Mühle, beim Städtchen Wittichenau, befindet sich ein fast wie ein Kreuz gestaltetes Holz über 4 Ellen hoch und eine halbe Elle dick, in welchem früher ein Muttergottesbild gestanden. Als einst eine verderbliche Pest in der O.L. wüthete und fast

Empfohlene Zitierweise:
Joachim Leopold Haupt (Hrsg.): Neues Lausitzisches Magazin, Funfzehnter, Neuer Folge zweiter Band. Heyn’sche Buch- und Kunsthandlung, Görlitz 1837, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neues_lausitzisches_Magazin_15_NF2_1837.pdf/214&oldid=- (Version vom 1.8.2018)