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Wilhelm Ludwig Lehmann: Professor Ernst Gladbach. In: Neujahrsblatt der Kunstgesellschaft in Zürich für 1898

das Blockhaus hinter der Steinmauer verbirgt und nur an gewissen Teilen im Äussern, dagegen ganz im Innern zum Vorschein kommt. Wie sich hier italienische und deutsche Einflüsse kreuzen, wird sehr schön nachgewiesen, auch die Einwirkung der Tyroler Holzbauten in den an den Giebeln häufig offenstehenden Dachstühlen gezeigt.

Vor allem geht Gladbach auf das rein Konstruktive der Bauten aus und erklärt daran, wie sie nicht nur schweizerisches sondern ganz allgemeines Interesse bieten und in ihrer Ausbildung Muster für alle Zeiten sein können. «Wir finden im Schweizer Holzstile alles, was die Architektur eines sinnigen Landvolkes anziehend machen kann: Einen Schmuck, der mit der Umgebung harmonirt, der die Pflanzenwelt in vielverschlungenen


Wein- und Obstranken zu der bescheidenen architektonischen Schöpfung heranzieht, Wände und Vordächer mit einem frischgrünen Teppich bekleidet und so Natur und Kunst innig und malerisch mit einander verbindet, einen Schmuck, der ebensowohl von dem noch frischeren poetischen Sinne der letzten Jahrhunderte, wie die Sinnsprüche an den Häusern und die Beziehungen der Ornamente zu den Beschäftigungen der Bewohner, Zeugnis gibt, als auch die kindliche Phantasie der Handwerker spiegelt, denen die Freude an ihrer Arbeit auch noch ein Lohn für dieselbe war. Dabei zeigt sich eine stilistische Formenwelt, welche selbst bei den reichsten, phantastischen Schnitzwerken niemals der Natur des Materials oder der Konstruktion zuwiderläuft und vorzugsweise bei Aufbietung äusserst geringer dekorativer Mittel stets eine verständige Rücksicht auf Massenwirkung zeigt». – Erst in den späteren, barocken Zeiten des 18.

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Wilhelm Ludwig Lehmann: Professor Ernst Gladbach. In: Neujahrsblatt der Kunstgesellschaft in Zürich für 1898. Zürich 1898, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neujahrsblatt_der_Kunstgesellschaft_in_Z%C3%BCrich_f%C3%BCr_1898.pdf/16&oldid=- (Version vom 1.8.2018)