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und anderen Wasserfalles wird in der Oeffnung EF so gross sein, als diejenige, welche ein durch die ganze Höhe JG herabfallender Körper erlangen könnte.

2. Fall. Ist das Loch EF nicht in der Mitte des Gefässes, sondern an einer anderen Stelle angebracht, so wird das Wasser mit derselben Geschwindigkeit wie vorhin ausfliessen; vorausgesetzt dass das Loch eben so gross sei. Obgleich nämlich ein schwerer Körper mehr Zeit braucht, um auf einer schiefen Linie zu einer bestimmten Tiefe zu gelangen, als auf einer perpendikulären Linie, so erlangt er doch, wie Galilei gezeigt hat, in beiden Fällen gleiche Geschwindigkeit.

3. Fall. Die Geschwindigkeit des durch eine, an der Seitenwand des Gefässes angebrachte, Oeffnung ausfliessenden Wassers würde auch noch dieselbe sein. Ist nämlich die Oeffnung klein und der Abstand der Oberflächen AB und KL fast Null, so wird der horizontal heraustretende Wasserfaden eine parabolische Form annehmen und man wird aus dem Parameter dieser Parabel ersehen, dass die Geschwindigkeit des ausfliessenden Wassers dieselbe ist, welche ein Körper erlangen könnte, der aus der Höhe HG oder JG des Wassers im Gefässe herabgefallen wäre. Nach angestellten Versuchen fand ich, dass, wenn die Höhe des im Gefässe befindlichen Wassers über der Oeffnung 20 Zoll, und die Höhe der letzteren über der horizontalen Ebene gleichfalls 20 Zoll betrug, der heraussprudelnde Wasserfaden ungefähr in einer Entfernung von 37 Zoll, vom Perpendikel an der Oeffnung gerechnet, niederfiel. Wenn man von dem Widerstände der Luft abstrahirt, so hätte der Wasserfaden in einem Abstande von 40 Zoll niederfallen müssen, indem der Parameter der Parabel = 80 Zoll ist.[1]

4. Fall. Das Wasser wird auch selbst, wenn es aufwärts getragen wird, mit derselben Geschwindigkeit heraustreten. Es steigt nämlich eine kleine heraussprudelnde Wasserader, perpendikulär gegen das im Gefäss ruhende Wasser, zur Höhe GH oder GJ auf, so weit nämlich sein Aufsteigen nicht durch den Widerstand der Luft verhindert wird. Ferner wird es mit derjenigen Geschwindigkeit ausfliessen, welche es durch den Fall aus jener Höhe hätte erlangen können. Jedes Theilchen des ruhenden Wassers wird von allen Seiten gleich stark gedruckt (nach zweitem Buche §. 27.) und begiebt sich, indem es dem Drucke Folge leistet, mit gleicher Gewalt nach allen Seiten hin; mag es nun durch eine Oeffnung im Boden des Gefässes ausfliessen, oder in einen Kanal treten, und von da durch eine kleine, au dessen oberer Fläche angebrachte, Oeffnung ausfliessen. Die Geschwindigkeit, womit es ausfliesst, wird diejenige sein, welche wir nach der Angabe dieses Paragraphen nicht nur durch Rechnung gefunden haben, sondern die sich auch au den beschriebenen Versuchen ergeben hat.

5. Fall. Das ausfliessende Wasser hat dieselbe Geschwindigkeit, mag die Oeffnung kreis-, quadrat- oder dreieckförmig sein, oder irgend


  1. [611]
    Fig. 252.

    No. 175. S. 330. Bei einer Fallhöhe = h ist die Geschwindigkeit, nach der vorhergehenden Bemerkung, weil die Oeffnung sehr klein ist, c = 2. Diese hat man hier horizontal anzunehmen, und es wird in einer kleinen Zeit t ein Weg

    1.   x = ct — 2t

    beschrieben. Während derselben Zeit fällt aber der Wasserkörper, vermöge der Schwere, um eine Länge

    2.   y = gt².

    Eliminirt man t aus 1. und 2., so wird

    3.   x² = 4hy,

    die Gleichung einer Parabel, deren Parameter = 4h ist. In vorliegendem Falle hat man h = 20", mithin den Parameter = 80" und für y =20",

    = 40".
Empfohlene Zitierweise:
Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 330. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/338&oldid=- (Version vom 1.8.2018)