Seite:OAB Freudenstadt 136.png

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so unzweckmäßig erscheint sie bei näherer Prüfung in der Wirklichkeit, indem nur die auf dem Marktplatze stehenden Wohngebäude eine freie Aussicht bieten, während die Bewohner der hinteren Häuserreihen die mit Cloaken versehenen Hinterseiten der Vorderhäuser im Auge haben, wozu noch der weitere Übelstand kommt, daß die wegen Mangels an Hofräumen hinter den Häusern auf der Straße angebrachten Düngerstätten die wünschenswerthe Reinlichkeit der Ortsstraßen beinahe unmöglich machen. Die Straßen sind mit wenigen Ausnahmen seit 1825 gepflastert.

Die meist mit steinernen Unterstöcken versehenen, in den übrigen Theilen aus Holz erbauten Gebäude, welche beinahe durchgängig nur 4′ weit von einander abstehen, sind sämmtlich mit der schmalen Giebelseite gegen den Marktplatz und die Straßen gekehrt und haben eine gleiche, an Architektur arme Bauart und häufig dieselbe Größe, was dem Ganzen eine drückende Eintönigkeit gibt. Die Bedachung besteht aus Ziegelplatten, und die Wände, wenigstens die auf der Wetterseite, sind mit wenigen Ausnahmen verschindelt. Die um den Marktplatz stehenden Gebäude haben in den unteren Stockwerken auf Rundbögen ruhende Arcaden, so daß man bei nasser Witterung trockenen Fußes um den ganzen Marktplatz kommen kann, was besonders in schneereichen Wintern von wesentlichem Vortheil ist. Dagegen wird den zurückstehenden unteren Stockwerken dieser Gebäude der Zutritt des nöthigen Lichts, wie der Sonne versagt und überdieß sind die über den Arcaden angebrachten Gelasse des zweiten Stockwerks kalt, indem die Böden derselben frei über den Arcaden ruhen. In den 4 Ecken des Marktplatzes standen ursprünglich 4 im Winkelhacken erbaute Hauptgebäude: die Kirche, das Kaufhaus, das Rathhaus und der Spital (s. hierüber unten), welch letzterer, nachdem ihn der Brand von 1632 verzehrt hatte, nicht wieder aufgebaut wurde. Von den ehemaligen Festungswerken der Stadt, deren Fläche jetzt größtentheils zu Gemüsegärten etc. benützt wird, sind noch ziemlich namhafte Spuren vorhanden und noch sieht man an mehreren Stellen nicht nur Überreste der Bastionen und Wälle, sondern auch der Gräben, welche dieselben umgaben. Besonders aber haben sich die 4 massiven, sehr festen, gewölbeartigen Thore der Stadt noch gut erhalten und zwar:

1) das an der östlichen Stadtseite stehende Stuttgarter Thor, welches auf eine sonderbare Weise mit aus Stein gehauenen Kanonen- und Mörserläufen verziert ist, indem diese wie Säulen an beiden Seiten des Durchgangs hinauf laufen; über dem Eingang befinden sich in dem Frontispice das herzogl. Württemberg’sche und das Öttingische

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Freudenstadt. Karl Aue, Stuttgart 1858, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Freudenstadt_136.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)