Seite:OAB Freudenstadt 163.png

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gegenüber (westlich) steht das gut erhaltene Schulhaus mit Thürmchen und einer Glocke, von Heinrich Kurtz in Stuttgart gegossen, mit der Umschrift: „Gestiftet von Ihrer Kais. Hoheit der Frau Kronprinzessin Olga für die Gemeinde Kniebis im Jahr 1850“. Dieses auf den Trümmern eines zum Kloster gehörigen Gebäudes stehende Schulhaus war früher die Wohnung des Grenzzollers, da vor Badens Anschluß an den Zollverein hier ein sehr bedeutendes Zollamt war, und wurde für die Schule eingerichtet, im Jahr 1853 von dem Staat der Gemeinde unentgeldlich überlassen. An der Schule unterrichtet ein Lehrer und in dem Schulzimmer hält alle vier Wochen der Geistliche von Baiersbronn, wohin der ganze Ort eingepfarrt ist, eine Predigt. Der Begräbnißplatz liegt östlich der ehemaligen Klosterkirche. Der ehemalige, mit einer Mauer umfriedigte Klosterraum hatte zwei Thore, durch welche die Landstraße führte, die jetzt aber nebst der Mauer beinahe spurlos verschwunden sind.

Bei dem Kloster befinden sich zwei laufende Brunnen, welche vortreffliches Trinkwasser in hinreichender Menge liefern; auch fließt durch den ehemaligen Klosterhof der nahe entspringende Forbach, welcher bei dem Schneeabgang wie bei anhaltendem Regenwetter öfters stark anlauft und im Jahr 1824 eine Brücke im Ort weggerissen hat. Unterhalb des Klosters treibt der Forbach eine Mühle mit einem Mahl- und einem Gerbgang, sowie zwei Sägmühlen.

Von dem Kloster zieht sich die Staige bergan bis zu dem obern Kniebis, einem schmalen Gebirgsrücken, der sich zwischen dem Quellengebiet der Murg und den Quellengebieten der Wolf (Kinzig), der Rench und der Acher bis zu seiner höchsten Erhebung auf der Hornisgrinde hinzieht, übrigens größerntheils zu dem Großherzogthum Baden gehört.

Nächst dem entgegengesetzten höchsten Punkte an der östlichen Grenze des Landes, der „Adelegg“ im O.A. Wangen, ist der obere Kniebis der höchst gelegene Wohnort des Königreichs, bei dem Gasthaus zum Lamm 3259 württ. Fuß über die Meeresfläche sich erhebend. In Folge dieser beträchtlichen Erhebung und freien Lage ist das Klima sehr rauh, die Luft zwar gesund, übrigens stets durch Winde bewegt, die hier nicht selten orkanartig auftreten. Den Winter über, welcher sehr bald eintritt und lange andauert, fallen sehr bedeutende Schneemassen, die sich öfters so sehr anhäufen, daß die Bewohner längere Zeit nach Hause gesprochen sind[1]. Auch die


  1. Im Jahr 1614 fiel auf dem Kniebis ein so tiefer Schnee, daß
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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Freudenstadt. Karl Aue, Stuttgart 1858, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Freudenstadt_163.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)