Seite:OAB Freudenstadt 170.png

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als Orts-Barometer gilt. Dieses Gasthaus zur Sonne, welches ein Schloß gewesen seyn soll, hatte eine Freistätte für Verbrecher und noch befindet sich in der Ecke der alterthümlichen Wirthsstube eine hölzerne Hülse, von der die Sage geht, daß wenn ein Verbrecher die Hand in dieselbe steckte, er 48 Stunden sicher war. Über der an dem massiven Unterstock des Hauses angebrachten Kellerthüre steht die Jahreszahl 1554. Neben freiem Wirthschaftsrecht ruhte auf dem Gebäude eine Holzgerechtigkeit zu jährlich 24 Klafter; um dieser Rechte nicht verlustig zu werden, mußte der Besitzer 3 schwarze Thiere (ein schwarzes Pferd, einen schwarzen Hahn und eine schwarze Katze) halten. Vor demselben Hause wurde auch unter freiem Himmel das Waldgericht abgehalten (s. allgem. Theil VII, 1.). Die Waldgerichtsgenossen hatten verschiedene Gerechtigkeiten, bei deren Ablösung im Jahr 1837 die Gemeinde Aach für ihre Waldberechtigungen 600 Morgen Wald erhielt, von denen die Hälfte der Gemeinde zufiel, die übrigen 300 Morgen aber unter die berechtigten Bürger, deren es 51 waren, vertheilt wurden. Überdieß bezieht jeder Bürger von dem Ertrag der Gemeindewaldungen jährlich 1/2–1 Klafter Holz; der Rest wird verkauft, was der Gemeindekasse eine jährliche Rente von 1000–1200 fl. sichert.

Die Einwohner sind körperlich kräftige, fleißige und ordnungsliebende Leute, deren Haupterwerbsquellen in Feldbau, Viehzucht, Waldarbeiten, Holzfuhrwerk und Beschäftigung bei der Flößerei (Flößen, Floßeinbinden) bestehen. Einzelne treiben einen ziemlich ausgedehnten Handel mit Langholz und Schnittwaaren. Der größte Güterbesitz beträgt 85 Morgen, der gewöhnliche aber 10–15 Morgen; überdieß sind die meisten Bürger noch im Besitz von Waldungen (von 2–70 Morgen aufsteigend). Als größere Gewerbe sind 2 Schildwirthschaften, 2 Mühlen, eine mit 2 Mahlgängen und einem Gerbgang, die andere mit 3 Mahlgängen und einem Gerbgang und 2 Sägmühlen zu nennen.

Die nicht große, ziemlich unebene Markung hat im Allgemeinen einen mittelfruchtbaren Boden, der theils aus den Verwitterungen des bunten Sandsteins, theils aus denen des Wellenmergels besteht; letzterer liefert in etwas trockenen Jahrgängen eine bessere und reichlichere Frucht, während in nassen Jahren der bunte Sandsteinboden ergiebiger sich zeigt. Bei der meist unebenen Lage der Felder wird durch starke Regengüsse nicht nur der Dünger, sondern auch theilweise die Ackerkrume abgeschwemmt.

Die klimatischen Verhältnisse sind milder als in Freudenstadt und Hagelschlag gehört zu den Seltenheiten.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Freudenstadt. Karl Aue, Stuttgart 1858, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Freudenstadt_170.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)