Seite:OAB Freudenstadt 271.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Neuneck,
Gemeinde III. Kl. mit 281 Einw., wor. 1 Kath. a. Neuneck, Pfarrdorf mit 206 Einw. b. Rinkwasen, Weiler, 51 Einw. c. Schellenberg, Weiler, 24 Einw. – Evang. Pfarrei; die Kath. sind nach Heiligenbronn, O.A. Horb, eingepfarrt.


Das kleine, unansehnliche Dorf liegt 23/4 Stunden südöstlich von der Oberamtsstadt und ist mit seinen Armuth verrathenden Wohnungen theils in die Thalebene der Glatt, größtentheils aber an die rechten, ziemlich hohen Thalgehänge an der steilen Steige nach Wittendorf hingebaut. Der Ort liegt daher sehr uneben und hat überdieß minder gute, schwer zu befahrende Ortsstraßen, ist aber in dem engen, tief eingeschnittenen Glatt-Thale gegen rauhe Winde geschützt und den warmen Südwinden mehr zugänglich, daher auch Gartengewächse hier besser und früher gedeihen als in den Nachbarorten; Hagelschlag kommt höchst selten vor. Übrigens wird das Klima wegen der vielen, im Frühjahr und Herbst auftretenden dichten Nebel, welche sich in dem engen Thale lange halten, für ungesund gehalten; wie denn auch Kretinismus und Kropfübel unter den Einwohnern nicht selten sind. Zu den Ursachen dieser Erscheinung mag auch das Trinkwasser gehören, welches hier sehr viele Kalktheile und, da es theilweise aus der Anhydrithgruppe kommt, auch Gyps enthält. Im Allgemeinen sind die Einwohner geordnete, gutmüthige Leute, die ihr meist unebenes Feld mit vielem Fleiß und angestrengter Mühe bebauen und überdieß noch durch Gewerbe und Taglohnen ihr spärliches Auskommen zu sichern suchen. Der größte Güterbesitz beträgt 40 Morgen, der gewöhnliche 10–15 Morgen; Viele aber müssen sich mit 1–2 Morgen begnügen.

Die in der Mitte des Orts etwas erhöht gelegene, sehr alte Pfarrkirche, welche die Stiftungspflege zu unterhalten hat, ist im Laufe der Zeit sowohl an dem Langhause als an dem dreiseitig schließenden Chor styllos verändert worden und zeigt nur noch spärliche Spuren ihres ursprünglichen, früh germanischen Baustyls. Der viereckige, massige Thurm, welcher mit seinem Satteldach sich kaum über den First der Kirche erhebt, enthält in seinen unteren Theilen Schußscharten, in dem oberen Stockwerke aber sehr alte, germanisch gefüllte Fenster. Von den zwei auf ihm hängenden Glocken ist die älteste 1695 gegossen worden. Das Innere der früher mit Wandgemälden ausgestatteten Kirche ist durch Emporen verdüstert und geschmacklos verändert; die alte, auffallend roh gearbeitete steinerne Kanzel enthält mehrere adeliche Wappenschilde. Der Taufstein trägt die Jahrszahl 1524. An einer Säule, welche die Empore trägt, ist

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Freudenstadt. Karl Aue, Stuttgart 1858, Seite 271. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Freudenstadt_271.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)