Seite:OAB Freudenstadt 291.png

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untere massive Stock dieses Gebäudes mit seinem rundbogigen Eingang und seinen rundbogigen Fenstern stammt noch aus der romanischen Periode. Unter demselben befindet sich der ehemalige, geräumige Klosterkeller. In dem südlich von der Kirche stehenden, alten, viereckigen Thurm, den die Gemeinde dem Staat abgekauft hat, sind die Ortsgefängnisse eingerichtet.

Ein Rathhaus ist nicht vorhanden, die Gelasse für den Gemeinderath befinden sich in dem Gasthaus zur Sonne; dagegen besteht schon längst ein Gemeindebackhaus.

Der Ort erhält sein Trinkwasser aus 10 Rohrbrunnen und einem Schöpfbrunnen, dem sogen. Siechbrunnen. Auf der Markung befinden sich viele gute Quellen, von denen der Klosterbrunnen im Reichenbachthälchen so stark ist, daß er im Stande wäre, eine Mühle zu treiben; in den Ort geleitet, speist er 5 Brunnen. Der Gastbrunnen, welcher ebenfalls im Reichenbachthälchen entspringt, speist den Gastbrunnen am Wirthshaus zur Sonne, und liefert das beste Wasser, das Heilkräfte besitzen soll und von Kranken häufig genossen wird. Zunächst am Ort bestand früher ein Weiher, der durch Schwellung des Reichenbachs Wasser erhielt.

Die Einwohner sind im Allgemeinen fleißig, aber außer einigen Vermöglichen meist unbemittelt, so daß die Gemeinde namhafte Opfer zur Unterstützung der Ortsarmen zu bringen hat. Der größte Güterbesitz beträgt 30 Morgen, der mittlere 5–6 Morgen, viele besitzen 1/2 Morgen und mehrere haben gar keinen Grundbesitz. Die meisten Parzellen sind 1–2 Morgen groß. Erwerbsquellen sind neben Feldbau und Viehzucht hauptsächlich die Arbeiten in den Waldungen und der Holzhandel, indem das Holz in den Staatswaldungen gekauft, auf den 2 vorhandenen bedeutenden Sägmühlen geschnitten und auf der Achse an die badische Murgschifferschaft in Gernsbach abgesetzt wird. Neben den genannten Gewerben sind 3 Schildwirthschaften, 2 Kaufleute, ein Krämer und eine Bierbrauerei vorhanden und überdieß die gewöhnlichen Handwerker in ziemlicher Anzahl vertreten.

Krämermärkte werden im Juni und September abgehalten.

Die große, übrigens meist mit Wald bestockte, sehr bergige Markung, welche von den Thälern der Murg, des Thonbachs, des Reichenbachs und einer Menge kleiner Seitenthälchen tief durchfurcht wird, hat im Allgemeinen einen mittelfruchtbaren, rothsandigen, düngerbedürftigen Boden (Verwitterung des bunten Sandsteins); im Thal und an den untersten Ausläufern der Thalgehänge haben sich stellenweise fruchtbare Alluvial- und Diluvialgebilde abgelagert und

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Freudenstadt. Karl Aue, Stuttgart 1858, Seite 291. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Freudenstadt_291.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)