Seite:OAB Freudenstadt 296.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Erfüllung der alten Bedeutung des Wortes Kastvogtei; namentlich verlangten sie größeren Einfluß bei den Priorswahlen und 1438 wurde ihnen bewilligt, daß künftig der Abt zu Hirschau den Prior nur mit ihrem Wissen und Rath ernennen, von ihnen auch die jährliche Rechnungsabhör durch Abgeordnete beschickt werden dürfe (Cleß 2, 341). Bei der Erneurung dieses Vertrags im Jahr 1472 fügte man die Beschränkung bei, daß der Abt nicht gerade verbunden sey, ihren Rath bei der Priorswahl zu befolgen (ebendas. 342. 3, 35. 36). Doch erwarb sich Baden nach und nach einen entschiedeneren Einfluß auf die inneren Angelegenheiten des Klosters und half auch Haushaltungs- und andere Ordnungen machen. Durch den Vertrag von 1469 aber mußte es die Schutzvogtei in Reichenbach und in der Umgegend an Württemberg abtreten. 1

Als im J. 1534 Herzog Ulrich die Reformation in Württemberg einführte, blieb der damalige Prior von Reichenbach, Valentin Wetzel, in seinem Amte, war jedoch den evangelischen Äbten in Hirschau gehorsam. Diese Abhängigkeit von Hirschau dauerte fort, bis 1581 der ehrgeizige, ränkevolle Johann Hügelin Prior wurde, welcher sich nun sogleich davon frei zu machen suchte. Herzog Ludwig von Württemberg begann deßwegen langwährende Unterhandlungen, sein Nachfolger Friedrich I. trat entschiedener auf; der Vogt zu Dornstetten wurde um sein Gutachten befragt und erklärte, man könne leicht von Baiersbronn aus das Kloster einnehmen, und wenn eine stärkere Kriegsmacht nöthig würde, könne man aus den benachbarten Ämtern in 12–14 Stunden wohl 1500 Mann aufbringen. Am 24. Oct. 1595 besetzten hierauf der Rath Tholde und der Hauptmann Grimmeisen mit etlich 100 Mann zu Roß und zu Fuß, auch einigem Geschütz das Kloster, aus dem der Prior entfloh; die Novizen wurden entlassen, dem Konvent aber „ein unkatholischer Schaffner aufgedrungen.“ Bei der hierauf eingenommenen Huldigung jedoch durften die Unterthanen die Pflichten gegen Baden und Eberstein als ihre Schirmherren vorbehalten und der Herzog selbst erklärte, er habe durchaus nicht die Absicht, ihre Rechte zu kränken, sondern allein die Rechte des Klosters Hirschau zu handhaben. Dennoch klagte Markgraf Ernst Friedrich über diese That als einen Eingriff in seine oberherrlichen Rechte. Hierauf aber erwiederte der Herzog: Grund und Boden des Priorats gehörten dem Kloster Hirschau und da Hügelin versucht habe, sich der Abhängigkeit von diesem zu entziehen, die Schirmsherren aber sich gar nichts um das Priorat bekümmert hätten, so halte er es für seine Pflicht, einem solchen Unwesen vorzubeugen,

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Freudenstadt. Karl Aue, Stuttgart 1858, Seite 296. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Freudenstadt_296.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)