Seite:OAB Horb 147.png

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Das Patronatrecht der Pfarrei war laut Constanzer Spruchs von 1479 zwischen den Edlen von Ehingen zu Bieringen als der Ortsherrschaft und dem Paulinerkloster Rohrhalden bei Rottenburg als Großzehentherrn, weil es „das Corpus geschöpft“ hatte, getheilt. Die Edlen von Ehingen hatten das Nominations-, das Kloster Rohrhalden das Präsentations-Recht. Von den ersteren ging ihr Recht mittelbar auf die Freiherrn v. Raßler über, das Recht des Klosters gelangte durch Kauf 1789 mit dem hiesigen Großzehnten von dem vorderösterreichischen Religionsfond an Freiherrn Hugo Damian von Stauffenberg und so sind noch heut zu Tage die beiden freiherrlichen Familien im Besitz der genannten Rechte. Die im Jahr 1485 von Burkhard von Ehingen gestiftete Kaplanei ist später mit der Pfarrei verbunden worden.


Bierlingen,
Gemeinde III. Klasse mit 811 Einw., wor. 1 Evang., a. Bierlingen, 799 Einw., Pfarrdorf, b. Lohmühle, Hof, 10 Einw., c. Neuhaus, Hof, 2 Einw. – Kath. Pfarrei; die Evang. sind nach Mühlen eingepfarrt.


Auf der Hochebene zwischen den Thälern des Neckars, der Starzel und der Eyach liegt frei und hoch mit ausgedehnter und schöner Fernsicht der freundliche, von Ost nach West in die Länge gedehnte Ort, der mit wenigen Abweichungen gleichsam nur eine Straße bildet; die Entfernung von der westlich gelegenen Oberamtsstadt beträgt 21/2 Stunden. Die aus Holz erbauten, mit steinernen Unterstöcken versehenen Gebäude sind durchgängig mit Ziegeln gedeckt und mit wenigen Ausnahmen von mittlerer Größe.

Die in der Mitte des Orts gelegene Pfarrkirche zu St. Martin ist im einfachen gothischen Style mit spitzbogigen Eingängen und Fenstern am Langhaus und an dem mit Streben versehenen Chor erbaut; leider wurde aus den Fenstern das Maßwerk herausgenommen. Der sehr ansehnliche, weithin sichtbare, viereckige Thurm ist in seinen vier untern Geschossen noch alt und mit Schießscharten, im vierten Stockwerk aber mit schön gefüllten gothischen Fenstern versehen. An der südwestlichen Ecke des Thurms steht: Do man zalt 1478 Jar wart diser Durn gebuwen. Dem Thurme wurde im Jahr 1859/60 ein fünftes, mit einem Umgang versehenes Stockwerk aufgesetzt, dessen vier Giebelseiten mit Krappen und Giebelblumen geziert sind; aus den Giebelseiten strebt ein schlankes spitzes Zeltdach empor. Von dem Thurme genießt man eine ausgezeichnete Rundsicht über das Gäu und den Schönbuch, ferner über den Schwarzwald (vom Feldberg

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Horb. H. Lindemann, Stuttgart 1865, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Horb_147.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)