Seite:OAB Nagold 043.png

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haben die Männer mehr eine halbstädtische Tracht, und die weiblichen Personen kleiden sich ziemlich bunt in verschiedenen Stoffen und tragen kleine Radhäubchen.

Die Mundart ist im Allgemeinen die gemüthliche, an bezeichnenden Ausdrücken reiche schwäbische, die sich im Osten des Bezirks dem breiten Unterländer Dialekt nähert, während sie im übrigen Theile des Bezirks eine leise Verwandschaft mit der pfälzischen Sprachweise zeigt. In Gültlingen und Sulz, theilweise auch in Emmingen kommen eigenthümliche Sprachausdrücke vor: Ätte statt Vater, Amme statt Mutter, Dötte statt Pathe, Dott statt Taufpathin, Bächts statt Gebackenes (Confect), Ampel statt dumme Weibsperson, Appel statt wüste, schmutzige Weibsperson, Stöckling statt Kuchen, Hinterwind statt Abendwind, Vorderwind statt Morgenwind, Schäppele wird eine wunderliche, oder schwächliche, wenig brauchbare Weibsperson genannt, guotich statt schnell, liederlich statt sehr krank etc. In dem übrigen Theil des Bezirks werden die angeführten Ausdrücke theilweise auch gebraucht und überdieß noch einzelne, von den vorhergehenden abweichenden, wie z. B. Schäfen statt Bohnen, Börten statt Kuchen, Osen statt Ochsen, Kinn statt Kind. Von einem Mädchen, das ihrer Zunge freien Lauf läßt, sagt man: sie hat ein gängs Mäule; die ledigen Bursche heißen Kerle etc.

Die Oberamtsstadt sowohl, als der übrige Bezirk erfreuen sich im Allgemeinen einer bemerkenswerthen Salubrität, wozu theils die Configuration der Gegend, theils Beschäftigung und Lebensweise der Bewohner wesentlich beitragen.

In ersterer Beziehung sind drei verschiedene Eigenthümlichkeiten in der geographischen Lage der einzelnen Ortschaften zu unterscheiden. Entweder sind diese auf Hochebenen ausgebreitet, dem freien Zutritt der Winde fast nach allen Seiten offen, so die meisten Orte des sogenannten Waldes; etwa 15 an der Zahl; oder sie liegen in muldenförmigen Einsenkungen der Hochflächen mit mehr oder weniger Schutz gegen einzelne Windrichtungen, wie z. B. Egenhausen, Rothfelden, Walddorf, oder sie nehmen die tiefen und engen Thaleinschnitte mit den angrenzenden Berglehnen ein, haben frühzeitig im Herbst und bis spät in den Vorsommer hinein Morgens und Abends starke, durch den Quellenreichthum der mit Nadelholz bewachsenen Bergabhänge sehr begünstigte dichte Nebel, dagegen mehr Schutz vor Winden und Stürmen. – Während diese fast die Hälfte (17) sämmtlicher Gemeinden (38) betragenden Thalorte, unter denen die 5 Städte des Bezirks (Nagold, Altensteig, Berneck, Haiterbach, Wildberg) sich einer Fülle herrlichen Trinkwassers selbst in den trockensten Jahren erfreuen, leiden die

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Nagold. Karl Aue, Stuttgart 1862, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Nagold_043.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)