Seite:OAB Nagold 046.png

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Dieser gemischten Beschäftigung, bei welcher sich Vortheile und Nachtheile für die Gesundheit immer wieder ausgleichen, und einer im Allgemeinen mäßigen, nüchternen Lebensweise und rührigen Thätigkeit verdankt zunächst die Oberamtsstadt außer ihrer ebenso gesunden, als anmuthigen Lage in dem hier sich zu einem größeren Becken erweiternden Nagold- und Waldachthale ihre durch Seltenheit von Epidemieen sich bewährende Salubrität. Innerhalb der letzten 18 Jahre hat nur eine bedeutendere Epidemie, die der Masern im Winter von 1856/57, hier geherrscht, aber in so bösartiger Weise, daß innerhalb 2 Monaten 42 Kinder von 1/2 bis 12 Jahren dahingerafft wurden, meist durch hinzugetretene Lungenkrankheiten (Entzündung und acute Tuberkelbildung). Die Gesammtzahl der erkrankten Kinder betrug gegen 600, so daß die Schulen mehrere Wochen geschlossen werden mußten. – Außerdem haben nur der Typhus (Nervenfieber), und der Krampfhusten einigemal in der genannten Periode eine größere Ausbreitung erlangt, und zweimal tauchte der Scharlach in mehreren Familien auf, ohne sich zur Epidemie auszubilden.

Auch im übrigen Bezirk sind die größeren Epidemieen im Ganzen ziemlich selten. Bemerkenswerth sind die des Typhus seit 1842 in Haiterbach dreimal aufgetreten: in den Jahren 1842, 1846 und 1853, in Sulzdorf 1851, in Spielberg 1854 und in Gültlingen 1859; ferner die der Masern in den Jahren 1856, 57 und 58 in Haiterbach, Ebhausen, Schietingen, Sulz und Wildberg, des Scharlachs in Oberschwandorf 1856, und der Ruhr ebendaselbst 1857, und in Walddorf und Unterthalheim; die letztgenannten Scharlach- und Ruhrepidemieen erlangten zwar keine größere Ausbreitung, führten jedoch zum großen Theil durch Versäumniß zeitiger ärztlicher Hülfe, relativ zahlreiche Todesfälle herbei. Mit einziger Ausnahme von Spielberg haben alle diese Orte eine eingeteichte oder tiefe Lage.

Während des ganzen Jahres 1860, das sich überhaupt durch einen sehr günstigen Gesundheitszustand und geringe Sterblichkeit (in der Oberamtsstadt 50 Sterbfälle statt 80) auszeichnete, kam nirgends im Bezirk eine Epidemie vor, was vielleicht dem kühlen Sommer zuzuschreiben ist, welcher keine Disposition zu den gewöhnlichen Sommer- und Herbstkrankheiten aufkommen ließ.

Die natürlichen und modificirten Pocken tauchten in den Jahren 1843, 48, 49–51 theils in der Oberamtsstadt, theils in verschiedenen Bezirksorten auf, blieben aber immer nur auf eine kleinere Anzahl von Personen beschränkt, und wurden in mehreren Fällen tödtlich.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Nagold. Karl Aue, Stuttgart 1862, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Nagold_046.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)