Seite:OAB Nagold 050.png

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Von Krankheiten des weiblichen Geschlechts sind ferner aufzuzählen: die Bleichsucht. Sie verbreitet sich immer mehr auch unter der Landbevölkerung. Frühzeitige Anstrengung und mangelhafte Entwicklung des Körpers bei qualitativ und quantitativ ungenügender Nahrung und Kleidung scheinen hier die Entstehung des Übels zu fördern. Menstruationsfehler aus andern Ursachen und sonstige Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane sind ebenfalls häufig insbesondere der Schleimfluß (fluor albus), Gebärmutterblutungen, Abortus, Senkung und Vorfall der Gebärmutter, auch Brust- und Gebärmutter-Krebs sind keineswegs seltene Erscheinungen. Die Frühgeburten sind meist Folge von schwerer Arbeit in bergigter Gegend, und kommen am häufigsten in den ersten Monaten der Schwangerschaft vor. Dieselbe Ursache liegt häufig auch dem Gebärmutter-Vorfall zu Grunde. Kindbettfieber sind nicht gerade häufig, ebenso Entzündungen der säugenden Brust.

Unter den Hautkrankheiten spielt die Krätze die erste Rolle. Sie hat sich zwar in den letzten Jahren wesentlich vermindert, ist aber nie ganz auszurotten. Sie ist am verbreitetsten in den Waldorten. Im Winter 1852/53 mußte sie in den zum Kirchspiel Simmersfeld gehörigen Ortschaften unter Staatsfürsorge behandelt werden, da einzelne Schulen, durch deren Zöglinge sich der Ausschlag hauptsächlich verbreitete, fast durchaus angesteckt waren.

Die Syphilis (venerische Krankheit) ist zum Glück, bis jetzt, verhältnißmäßig selten, und kommt gewöhnlich nur in den leichteren Formen vor.

Nervenkrankheiten (Veitstanz, Epilepsie), kommen alljährlich, aber in beschränkter Zahl vor.

Die verschiedenen Formen von Geisteskrankheiten fehlen ebenfalls nicht, doch sind sie nicht häufiger, als anderwärts. Alljährlich muß für 2–3 Fälle Aufnahme in einer Irrenanstalt nachgesucht werden. In einer Gemeinde, wo das Branntweintrinken an der Tagesordnung ist, kamen im Laufe einiger Jahre mehrere ausgesprochene Fälle von Säuferwahnsinn (Delirium tremens) vor.

Von Krankheiten der Hausthiere bilden die Schafraude und die Lungenseuche beim Rindvieh seit Jahren fest stehende Rubriken in den oberamtlichen Geschäften. Der Milzbrand der Schweine wird meist nur in heißen Sommern beobachtet, während unter denselben Umständen beim Rindvieh und den Schafen die Maul- und Klauenseuche im Sommer von 1857, 58 und 59 erschien, und in den diesen vorausgegangenen 50er Jahren in Folge

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Nagold. Karl Aue, Stuttgart 1862, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Nagold_050.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)