Seite:OAB Nagold 177.png

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germanischen Baustyls. Die Kirche soll im Jahr 1465 (an dem Thurm steht 1467) auf der Stelle der ehemaligen Burg der Herren von Gültlingen erbaut worden sein; die frühere Kirche sei bei der Wohnung des Friedrich Gingenbach, Zimmermann, gestanden. Unweit dieser Stelle soll nach der Sage ein Begräbnißplatz bestanden haben, von dem man immer noch Gräber aufdeckt. An der Stelle der gegenwärtigen Kirche stand ohne Zweifel eine Kirche im Verband mit den früheren Schloßgebäuden, die später in die gegenwärtige Kirche vergrößert wurde; für eine frühere Kirche als die gegenwärtige sprechen wenigstens die im romanischen Styl erbaute Sacristei, der romanisch gehaltene Taufstein und Altar.

Die Unterhaltung der Kirche hat die Stiftungspflege, welche übrigens wegen Mittellosigkeit von der Gemeinde unterstützt werden muß.

Der Begräbnißplatz liegt um die Kirche; er war ursprünglich sehr fest und ist jetzt noch mit einer starken Mauer umfriedigt. Um die mit einem sogenannten Umlauf versehene Kirchhofmauer lief ein tiefer Graben, der mit dem Wasser, das gegenwärtig eine Mühle treibt, gefüllt werden konnte. Über den Graben führte eine Zugbrücke zu dem noch bestehenden Haupteingang in den Kirchhof. Die Einwohner des Orts und die von Holzbronn, welche hieher eingepfarrt sind, hatten das Recht, in Kriegszeiten ihre Habseligkeiten in den Kirchhof zu flüchten, den Kirchgraben mit Waid und Wasser zu benützen und den Kirchhof mit einer Besatzung zu versehen. Auf dem Kirchhof standen Gebäude, wovon eines getheilt war; der obere Stock gehörte dem Flecken, die 2 unteren Stöcke aber einigen Bürgern, die dem Heiligen eine gewisse Summe jährlich bezahlen mußten. Die Neuerung des geistlichen Einkommens vom Jahr 1551 gedenkt aber noch eines weiteren Hauses auf dem Kirchhof „St. Michaels Heiligen Pflegschaft hat auch ein Hauß dahinten auf dem Kirchhof neben dem Herrschaft Hauß, darinn 3 Gemächt, da man die Frucht legt, gehabt.“ Dieses Haus muß älter gewesen sein, als das obige, weil man dasselbe das „neue Haus“ nannte. Vermuthlich gehörten diese Gebäude zu dem ehemaligen Schloß der Herren von Gültlingen, wenigstens führt das Landbuch von 1624 an: „die alte Burg zu Giltlingen in dem Fleckchen, ist der Edlen von Giltlingen ihr Stammhauß gewesen.“

Das im Jahr 1799 erbaute Pfarrhaus liegt ziemlich entfernt von der Kirche an der Hauptstraße des Orts; es ist ein gut erhaltenes, wohnlich eingerichtetes Gebäude, welches der Staat zu unterhalten hat.

Das Schulhaus, ein zweistockiges im Jahr 1772 erbautes und

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Nagold. Karl Aue, Stuttgart 1862, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Nagold_177.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)