Seite:OAB Nagold 195.png

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dem First sitzt ein verschindeltes Thürmchen mit Blech beschlagenem Bohlendache. Das düstere Innere der Kirche hat nichts Bemerkenswerthes. Von den beiden Glocken ist die größere von Heinrich Kurtz in Stuttgart 1820 gegossen worden; die kleinere trägt die Umschrift: Peter Ernst gos mich in Lindau anno 1723. Die Unterhaltung der Kirche hat der Staat.

Der außerhalb (südlich) des Orts gelegene Begräbnißplatz wurde im Jahr 1798 neu errichtet; früher mußten die Verstorbenen in Nagold beerdigt werden.

Das im J. 1828 mit einem Gemeindeaufwand von 3000 fl. neu erbaute, ziemlich ansehnliche Schulhaus enthält ein Lehrzimmer, die Wohnung des Schulmeisters, die Gelasse für den Gemeinderath und eine öffentliche Backeinrichtung. Ein Armenhaus ist 1857 erbaut worden und ein Gemeindewaschhaus besteht schon längst.

Der Ort hatte früher zuweilen Wassermangel, dem aber durch einen in neuester Zeit errichteten Pumpbrunnen begegnet wurde; außer diesem sind noch 2 laufende Brunnen vorhanden.

Eine Wette ist im Ort angelegt und früher bestand 1/8 Stunde westlich vom Ort ein Weiher, der längst in Wiesengrund umgewandelt wurde.

Die Einwohner sind gut gewachsene, sehr fleißige, sparsame Leute, die sich in mittelmäßigen Vermögensumständen befinden; der vermöglichste Bürger besitzt 80 Morgen Feld und 30 Morgen Wald, der sog. Mittelmann 12 Mrg. Feld und die ärmere Klasse 11/2 Mrg. Einzelne haben gar kein Grundeigenthum und 5 Personen erhalten gegenwärtig Unterstützung von Seiten der Gemeinde. Die Haupterwerbsquellen bestehen in Feldbau und Viehzucht; viele der ärmeren Einwohner verdienen sich in reichen Samenjahren durch Einsammeln von Nadelholzsamen eine erklekliche Summe. Von den Gewerben sind, außer den nothwendigsten Handwerkern, 2 Schildwirthschaften zu nennen. Im Ort befinden sich auch einige sog. Schäufler, die in das Murgthal, besonders auch nach Gernsbach mit Frucht handeln.

Die verhältnißmäßig mittelgroße Markung, von der jedoch ein beträchtlicher Theil mit Wald bestockt ist, hat, so weit sie für den Feldbau benützt wird, eine ziemlich ebene, hohe Lage und einen im Allgemeinen mittelfruchtbaren, steinigen, düngerbedürftigen Boden, der größtentheils aus den Zersetzungen des Hauptmuschelkalks besteht.

Wegen der hohen, freien Lage ist die Luft rauh und scharf, so daß nicht allein feinere Gewächse, wie Gurken, Bohnen etc. nicht mehr gedeihen, sondern auch das Obst, welches häufig von Frühlingsfrösten

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Nagold. Karl Aue, Stuttgart 1862, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Nagold_195.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)