Seite:OAB Nagold 237.png

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Werk des bekannten Baumeisters Schickart von Herrenberg ist, mit Ausnahme des mit starken Streben versehenen Unterstocks, der einer weit früheren Zeit anzugehören scheint. In dem unteren Stockwerke befindet sich die ehemalige Schloßkapelle mit germanischen, in den Bogenfeldern mit schönem Maßwerk gefüllten Fenstern; Kapelle und Chor sind mit einem Netzgewölbe gedeckt, von dem einer der Schlußsteine das von Kechler’sche Wappen enthält. In einem der oberen Gelasse des Schlosses hängt eine Gedächtnißtafel, auf der Begebenheiten und Portraits aus der Familie von Anwyl gut dargestellt sind. Außer dem Schloß sind noch 2 große neue Ökonomiegebäude vorhanden und unten am Fuß des Berges steht ein ebenfalls der Familie v. Kechler gehöriges Haus, das der Gutsjäger, welcher zugleich Hausvogt ist, bewohnt. Im Schloßhof befindet sich ein 2röhriger Brunnen, der vortreffliches Wasser liefert.

Das am östlichen Ende des Orts frei stehende Schulhaus enthält ein Schulzimmer, die Wohnung des Lehrers und die Gelasse für den Gemeinderath; es wurde im Jahr 1843 mit einem Aufwand von 2420 fl. erbaut, wozu der Staat 800 fl. beitrug und überdieß noch eine Collecte in dem Donau- und Schwarzwaldkreise für den Bau bewilligte.

Eine kleine Synagoge steht am Fuß des Schloßbergs, welche in neuester Zeit verkauft wurde.

Begräbnißplatz befindet sich keiner im Ort und die Verstorbenen evangel. Confession werden in Haiterbach, die Katholiken in Gündringen beerdigt.

Der Ort erhält aus 6 laufenden Brunnen vortreffliches Trinkwasser im Überfluß; überdieß fließt die Waldach durch das Dorf und setzt daselbst eine Mühle mit 3 Mahlgängen und einem Gerbgang, wie auch eine Sägmühle in Bewegung. Das Fischrecht in der Waldach und im Haiterbach gehört der Gutsherrschaft, welche auch die Fischerei ausübt.

Die Einwohner sind rührige, sparsame Leute, die sich in ungünstigen öconomischen Verhältnissen befinden, indem sie beinahe kein Grundeigenthum haben. Die ganze Markung ist nämlich, mit Ausnahme von 12 Morgen, Eigenthum der Freiherrn v. Kechler, welche im vorigen Jahrhundert heimathlosen Leuten, wie Schacherjuden, Korbmachern, Scheerenschleifern etc. die Erlaubniß gaben, sich hier anzusiedeln; sie waren daher genöthigt, sich auf den angrenzenden Markungen Nagold, Haiterbach, Gündringen und Ober-Schwandorf allmählig Güterstücke anzukaufen. Übrigens sind im Ort keine eigentliche

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Nagold. Karl Aue, Stuttgart 1862, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Nagold_237.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)