Seite:OAB Nagold 255.png

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Eingang zu dem Schloß und dem Schloßhof führt. Außer der festen, den inneren Schloßgarten und den Hofraum umfriedigenden Mauer lauft noch um das Schloß ein tiefer, ausgemauerter, theilweise mit Strebepfeilern versehener Zwinger, auf dessen nordwestlicher innerer Ecke ein runder Thurm, der früher höher war, steht. Auch hatte das Schloß gegen die Stadt hin einen festen Thorthurm und eine Zugbrücke, die in späteren Zeiten einer steinernen Brücke weichen mußte. In dem Schloß wohnten früher die Vögte und Oberamtleute, (bis 1807), später die Amtleute und gegenwärtig ist es der Sitz des K. Forstamts. Die Stadt selbst ist unregelmäßig, winkelig und ganz uneben angelegt, indem sie theils auf einen stark ansteigenden Bergrücken, theils an dessen Abhänge kühn hingebaut ist. Die Ortsstraßen sind mit wenigen Ausnahmen gepflastert und zur Reinlichkeit derselben trägt die abhängige Lage sehr viel bei, indem bei Regengüssen der Unrath weggeführt und abgeschwemmt wird.

Von öffentlichen Plätzen sind zu nennen: der Marktplatz, auf dem das Rathhaus steht, der Kirchplatz bei der Kirche und der Saumarkt in der oberen Vorstadt.

Die meist aus Holz erbauten, mit steinernen Unterstöcken versehenen Gebäude sind größtentheils sehr alt und stammen aus der Zeit kurz nach dem Jahr 1464, in welchem die Stadt innerhalb der Ringmauer mit wenigen Ausnahmen niederbrannte. Man sieht noch viele Gebäude mit reichem, theilweise mit Schnitzwerk versehenem Holzbau und stufenförmig hervorstehenden, alt bemalten Stockwerken; die Eingänge sind nicht selten im germanischen Styl gehalten und über denselben Wappen angebracht. Allenthalben verrathen die Häuser noch einen früheren Wohlstand, durch den jetzt nicht selten Armuth blickt, indem die Gebäude nicht unterhalten sind und zuweilen in großer Verkommenheit, dem Einsturz drohend, sich befinden. Im Allgemeinen bietet der Ort ein treues Bild einer mittelalterlichen, wohl befestigten Stadt, die noch manchen Schatz für den Alterthumsforscher bewahrt. Von öffentlichen, der Gemeinde gehörigen Gebäuden, sind zu nennen:

1) Die beinahe in der Mitte der Stadt gelegene Pfarrkirche zum heil. Martin, deren Langhaus im Jahr 1772 im modernen Rundbogenstyl neu erbaut und im Jahr 1773 eingeweiht wurde. Der mit Streben versehene, 4seitig schließende Chor trägt den Charakter der spät germanischen Periode und wurde, nach einer an einem der Strebepfeiler angebrachten Jahrszahl, im Jahr 1467, demnach einige Jahre nach dem Brande, erbaut. Dem 4eckigen massiven Thurm, der in seinen unteren Theilen noch Spuren romanischen Baustyls

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Nagold. Karl Aue, Stuttgart 1862, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Nagold_255.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)